Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 355
Hat der Gläubiger eigenes Einkommen neben der Betreuung von Kindern, muss geprüft werden, inwieweit es sich um Einkommen aus einer unzumutbaren Tätigkeit handelt.
Ob eine Erwerbstätigkeit verlangt werden kann, hängt zum einen von den "Belangen des Kindes" ab, also in erster Linie von der Betreuungsbedürftigkeit und damit vom Alter des Kindes oder der Kinder. Dabei sind nach BGH auch besondere – z.B. sportliche, musische oder andere – Fähigkeiten des Kindes und damit im Zusammenhang stehende vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen zu beachten, ebenso etwaige schulische Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern (z.B. Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.), deren Notwendigkeit und Üblichkeit vom Unterhaltsberechtigten konkret vorzutragen sind. Der Umfang solcher Aktivitäten richtet sich danach, in welcher Form diese vom Kind und den Eltern schon zur Zeit des Zusammenlebens der Familie durchgeführt wurden; diese Aktivitäten dürfen die Erwerbstätigkeit allerdings nur in einem begrenzten Maß beeinträchtigen.
In erster Linie ist aber gemäß § 1570 Abs. 1 S. 3 BGB zu berücksichtigen, ob das Kind oder die Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr anderweitig betreut werden können. Gewollt ist mit der Ergänzung in § 1570 BGB, dass der Gläubiger in der Regel die Fremdbetreuung des Kindes oder der Kinder in Anspruch zu nehmen hat. Das früher praktizierte Altersphasenmodell, wonach sich der Beginn der Erwerbsobliegenheit fast ausschließlich nach dem Alter und der Zahl der zu betreuenden Kinder richtete, wird nicht mehr angewendet.
Teilweise wird sehr rigide die Ansicht vertreten, nur in besonderen Fällen könnten Betreuungsleistungen eines Elternteils dazu führen, dass neben der Betreuung des mindestens 3 Jahre alten Kindes keine Ganztagstätigkeit zu erwarten sei. Jedoch hat der BGH seine früher ähnliche Rechtsprechung inzwischen modifiziert mit dem Hinweis darauf, es sei, wenn eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts geprüft werde, "auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen". Selbst wenn das Kind fremdbetreut werde, seien am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen. Auch müsse bedacht werden, dass der betreuende Elternteil im wirtschaftlichen Ergebnis einen Teil des Barunterhalts mittrage, weil sich sein eigener Unterhalt reduziere, wenn bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts der Kindesunterhalt vorweg vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abgezogen werde.
Erzielt der Gläubiger Arbeitseinkommen, obwohl er eigentlich zu einer Erwerbstätigkeit nicht oder nur in geringerem Umfang verpflichtet wäre, so ist sein Einkommen jedenfalls teilweise als Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit anzusehen und deswegen bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts insoweit gemäß § 1577 Abs. 2 BGB unbeachtlich.