aa) Bedarf

 

Rz. 187

Der gesetzliche Mindestunterhalt ist in § 1612a BGB geregelt. Dieser Mindestunterhalt kann verlangt werden, ohne dass zum Einkommen des Schuldners etwas vorgetragen oder bewiesen werden müsste. Die Unterhaltshöhe richtet sich aber weiterhin gemäß § 1603 BGB nach der Leistungsfähigkeit des Schuldners, so dass zu geringes Einkommen des Schuldners zu einer Reduzierung führt; dabei ist es Sache des Schuldners, seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse einzuwenden und zu beweisen.

 

Rz. 188

Wird über den Mindestunterhalt hinausgehender Unterhalt verlangt, so richtet sich dieser gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des minderjährigen Kindes, die von der Lebensstellung der Eltern abhängt. Diese Lebensstellung (insbesondere die Einkommensverhältnisse) muss für das Kind vorgetragen und ggf. bewiesen werden.[300]

bb) Leistungsunfähigkeit des Schuldners

 

Rz. 189

Meint ein Elternteil, den verlangten Unterhalt nicht zahlen zu können, muss er dies gemäß § 1603 BGB nachweisen. Gegenüber einem minderjährigen Kind besteht allerdings eine gesteigerte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB, so dass unter Berücksichtigung auch des Arbeitszeitgesetzes[301] ggf. Überstunden zu leisten sind,[302] eine zusätzliche Erwerbstätigkeit – auch Gelegenheits- oder Aushilfstätigkeit – aufgenommen werden muss[303] oder der Vermögensstamm einzusetzen ist;[304] dass all dies nicht möglich ist, muss also vom Schuldner ebenfalls vorgetragen und bewiesen werden.[305] Dem vollschichtig arbeitenden Schuldner kann in der Regel nicht vorgehalten werden, er verletze seine gesteigerte Erwerbspflicht, wenn er nicht zusätzlich noch eine Nebentätigkeit ausübe.[306] Wenn es um die Frage geht, ob eine bundesweite Arbeitssuche oder eine Zusatztätigkeit verlangt werden kann, sind auch die persönlichen Bindungen des Schuldners zu berücksichtigen, insbesondere die Möglichkeit zum Kontakt mit seinen Kindern.[307]

 

Beachten!

Es besteht keine gesteigerte Unterhaltspflicht, soweit der betreuende Elternteil den Barunterhaltsbedarf des Kindes decken kann[308] oder das Kind aus dem eigenen Vermögen – Ertrag und Stamm – unterhalten werden kann (§ 1603 Abs. 2 S. 3 BGB).

[302] OLG Hamm FamRZ 2001, 1426; OLG Köln FamRZ 2002, 1426.
[303] BGH FamRZ 1994, 372; OLG Hamburg FamRZ 1990, 784; OLG Hamm FamRZ 1998, 979, 982 f. und OLG Hamm FamRZ 1998, 983 sowie OLG Hamm FamRZ 2001, 1426; OLG Köln FamRZ 1998, 1615 und OLG Köln FamRZ 1998, 1616; OLG Köln FamRZ 2002, 1426; OLG Köln FamRZ 2007, 1119; OLG Köln FamRZ 2012, 315; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 115, OLG Brandenburg FamRZ 2001, 372 sowie OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1297 (auch zur – verneinten – Anrechnung von solchem Zusatzeinkommen auf Arbeitslosengeld II); OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 1295; OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1123; OLG Koblenz NJW-RR 2014, 4. Das gilt ggf. auch für den Bezieher einer Erwerbsminderungsrente, OLG Jena FamRZ 2006, 1299.
[304] BGH FamRZ 1989, 170; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1617; OLG Dresden FamRZ 1999, 396; OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; KG FamRZ 2004, 1745. Vorhandenes Vermögen muss, soweit das Risiko zumutbar ist, möglichst ertragbringend angelegt, ein Pflichtteilsanspruch muss geltend gemacht werden; geschieht das nicht, ist fiktives Mehreinkommen anzusetzen, BGH FamRZ 2013, 278 (20 ff.).
[308] BGH FamRZ 2013, 1562.

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