Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 81
Das Vermögen bei Eheschließung, privilegierter Erwerb und das Endvermögen sind jeweils nach Abzug der Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, §§ 1374, 1375 BGB. Zu den Verbindlichkeiten können – je nach Bewertungsmethode – auch latente Steuerlasten gehören.
Rz. 82
Zu den im Endvermögen zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten gehören auch Verbindlichkeiten gegenüber dem anderen Ehepartner, bei dem eine entsprechende Forderung also seinen eigenen Zugewinn erhöht. Häufig neutralisieren sich deswegen wechselseitige Verpflichtungen und Ansprüche, soweit sie bis zum Stichtag für die Berechnung des Endvermögens entstanden sind, selbst wenn es sich um rückständige Unterhaltsansprüche handelt.
Rz. 83
Zu den in das Endvermögen einzustellenden Ansprüchen und Verbindlichkeiten gehören auch Ausgleichsansprüche oder Ausgleichsforderungen aus einer Ehegatten-Innengesellschaft, die also keineswegs nur zu berücksichtigen sind, wenn der Zugewinnausgleich nicht zu einem angemessenen Ergebnis führt. Hat ein Ehegatte eine vor Abschluss des Zugewinnausgleichverfahrens entstandene Forderung gegen seinen (geschiedenen) Ehegatten, die nicht im Zugewinnausgleichsverfahren berücksichtigt worden ist und Einfluss auf dessen Ergebnis gehabt hätte, kann er diese grundsätzlich nachträglich noch geltend machen. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen kann der in Anspruch genommene Ehegatte allerdings regelmäßig unter dem Aspekt des Einwandes unzulässiger Rechtsausübung verlangen, dass der geschiedene Ehegatte sich auf die nachträglich geltend gemachte Einzelforderung das anrechnen lassen muss, was er im Zugewinnausgleich infolge der Nichtberücksichtigung dieser Forderung mehr erhalten hat oder als Ausgleichspflichtiger weniger hat zahlen müssen.
Rz. 84
Soweit Ehegatten für Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch haften, kommt es für den Ansatz im jeweiligen Endvermögen auf das Innenverhältnis i.S.d. § 426 BGB an, wobei nach Trennung grds. von hälftiger Teilung auszugehen ist. Zu berücksichtigen ist, ob die (potentielle) Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 BGB realisierbar ist, ggf. auch erst aufgrund des Zugewinnausgleichs. Der BGH will wegen der Haftung im Außenverhältnis die Schuld bei jedem Ehegatten in voller Höhe in sein Endvermögen einstellen; gleichzeitig soll bei jedem Ehegatten der Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB eingestellt werden, im Zweifel also je zu ½. Bei der Bewertung soll allerdings wiederum die Realisierbarkeit berücksichtigt werden.
Rz. 85
Die vorgeschlagene Methodik übersieht allerdings, dass einem Ausgleichsanspruch eines Ehegatten die entsprechende Verpflichtung des anderen Ehegatten in der jeweiligen Vermögensbilanz gegenübersteht, was je nach Konstellation zu einer Verfälschung des Ergebnisses führen kann. Richtig ist deswegen, die Gesamtschuld bei jedem Ehepartner mit demjenigen Betrag in Ansatz zu bringen, den er unter Berücksichtigung des Innenverhältnisses voraussichtlich unter Berücksichtigung bestehender Freistellungsansprüche tatsächlich an den Gläubiger zu zahlen haben wird.
Rz. 86
Ob und inwieweit die Unterhaltsregelung oder das Absehen von der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, ist eine Frage des Einzelfalls. Dient eine Lebensversicherung der Finanzierung des im hälftigen Miteigentum stehenden Hauses, kann im Hinblick auf die gemeinsame Zweckverfolgung von einer stillschweigend vereinbarten Bruchteilsgemeinschaft auszugehen sein, so dass sie auch dann im Endvermögen der Ehegatten hälftig zu berücksichtigen ist, wenn Versicherungsnehmer nur einer der Ehegatten ist. Ebenso ist das zur Finanzierung der gemeinsamen Immobilie aufgenommene und über die Immobilie abgesicherte Darlehen beiden Ehegatten hälftig auch dann zuzurechnen, wenn Darlehensnehmer nur einer von ihnen ist.
Rz. 87
Für den Ansatz privilegierten Erwerbs i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit Erbschaftsteuer angefallen ist oder Ausgleichszahlungen an Dritte angefallen sind. Soweit mit dem privilegierten Erwerb Verpflichtungen gegenüber dem übergebenden Teil verbunden werden, die den Erwerb nicht insgesamt zu einem entgeltlichen Erwerb machen, insbesondere durch Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts, eines Altenteilrechts oder eines Wohnrechtes, müssten eigentlich die kapitalisierten Werte bei der Zurechnung zum Anfangsvermögen mindernd in Ansatz gebracht werden und konsequenterweise bei dem Ansatz im Endvermögen entweder weggelassen werden, weil sie wegen des Todes des Übergebers entfallen sind, oder nur noch mit dem reduzierten Wert in Ansatz gebracht werden, weil der Übergeber inzwischen älter geworden ist.
Rz. 88
Die Wertsteigerung, die das erworbene Objekt durch die sinkende Lebenserwartung des Übergebers erfährt, sollte nach der früheren Rechtsprechung des BGH nicht dem anderen Ehegatten zugutekommen. Der BGH entzog die Wertsteigerung durch das steigende Lebensalter dadurch ...