Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Voraussetzungen
Rz. 594
Die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung finden sich in den Vorschriften der §§ 49 ff. FamFG, wobei nach dem Gesetzestext gem. § 49 Abs. 1 FamFG durch einstweilige Anordnung das Gericht eine vorläufige Maßnahme treffen kann, damit also klargestellt ist, dass mit einem solchen Verfahren nicht die Hauptsache vorweggenommen werden soll. Da der Erlass der einstweiligen Anordnung "nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschrift gerechtfertigt" sein muss, ist seitens des Gerichts die Überprüfung der für das Rechtsverhältnis geltende materiellrechtlichen Vorschrift in jedem Falle geboten. Es muss also wie bisher seitens des Antragstellers ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorgetragen werden, wobei sich Letzterer an der gesetzlichen Vorgabe orientiert, dass für den Erlass der einstweiligen Anordnung "ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden" vorliegen muss.
Dies ist dann zu bejahen, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung innerhalb einer etwaigen Hauptsache mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre.
Rz. 595
Für die einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 49 Abs. 2 FamFG neben der vorläufigen Regelung auch einen bestehenden Zustand sichern, ganz allgemein einem Beteiligten die Vornahme einer Handlung gebieten oder ihm auch eine solche Handlung verbieten und – wie im Gesetzestext ausführlich ausgeführt – auch die Verfügung über einen Gegenstand untersagen.
Rz. 596
Das Gericht wird gem. § 49 Abs. 2 S. 2 FamFG in die Lage versetzt, zusammen mit der einstweiligen Anordnung unter Umständen auch die zur "Durchführung erforderlichen Anordnungen" zu treffen.
2. Zuständigkeit
Rz. 597
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts ist in § 50 FamFG geregelt.
Weitere Zuständigkeitsregelungen für besondere Verfahren finden sich in § 98 ff. FamFG (internationale Zuständigkeit) und § 122 FamFG (Scheidungssachen und Verbund). Für den zu stellenden Antrag ist demnach das Gericht zuständig, welches für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Dies betrifft also die Fälle, in denen ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist. Existiert bereits ein Hauptsacheverfahren, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Gericht einzureichen, bei welchem das Hauptsacheverfahren anhängig ist.
Rz. 598
Bei besonderer Eilbedürftigkeit gewährt das Gesetz in § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG einen weiteren Gerichtsstand: "in dessen Bezirk das Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden benannt wird oder sich die Person oder die Sache befindet, auf die sich die einstweilige Anordnung bezieht". Dies entspricht in Teilbereichen der besonderen Zuständigkeitsregelung im einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 942 Abs. 1 ZPO – "belegene Sache"), wobei allerdings nach § 50 Abs. 2 S. 2 FamFG das tätig gewordene Amtsgericht das Verfahren ohne schuldhaftes Zögern ("unverzüglich") von Amts wegen an das nach § 50 Abs. 1 FamFG zuständige Gericht abzugeben hat, selbst wenn dort ein einstweiliges Anordnungsverfahren oder ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig ist.
Rz. 599
Was das Merkmal des "besonders dringenden Falls" anbelangt, müssen über den "Normalfall" hinausreichende schwerwiegende Folgen zu befürchten sein.
Rz. 600
Ist insoweit zwischen Eingang eines Antrags bei dem in § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG erwähnten Amtsgericht ein Hauptsacheverfahren beim Hauptsachegericht anhängig geworden, kann das Amtsgericht ("belegene Sache") den noch nicht beschiedenen Antrag an das Hauptsachegericht vor einer Entscheidung abgeben.
Rz. 601
In Fällen, in welchen Fragen zur internationalen Zuständigkeit zu klären sind, wird die Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts nach den §§ 98 ff. FamFG zu klären sein. Im Übrigen sind internationale Sondervorschriften wie etwa beim Minderjährigenschutzabkommen (MSA) sowie auch im Zusammenhang mit dem Unterhalt nach der EuGVVO (Verordnung der EG Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) zu beachten.
Rz. 602
In den §§ 122,123 FamFG finden sich neben den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen solche zur örtlichen Zuständigkeit für das Verfahren in Ehesachen und Verbundverfahren.
3. Allgemeine Grundsätze zum einstweiligen Rechtsschutz nach dem FamFG
a) Verfahren
aa) Antragserfordernis
Rz. 603
§ 51 Abs. 1 FamFG bestimmt, dass einstweilige Anordnungen nur auf Antrag erlassen werden, wenn auch ein entsprechendes Hauptsacheverfahr...