Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 92
Nach § 1380 BGB muss sich F auf eine in Betracht kommende Zugewinnausgleichsforderung anrechnen lassen, was ihr von M mit einer entsprechenden Anrechnungsbestimmung zugewandt worden ist oder was M an Zuwendungen an sie vorgenommen hat, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen. Als Zuwendungen i.S.d. § 1380 BGB sind nach der Rspr. des BGH auch die sog. unbenannten bzw. ehebedingten Zuwendungen anzusehen, obwohl der Begriff der unbenannten Zuwendungen gerade auf der These aufbaut, es handele sich nicht um unentgeltliche, sondern um entgeltliche Vorgänge. Die Anwendbarkeit des § 1380 BGB rechtfertigt sich aber daraus, dass gerade die Absicht, einen Ausgleich für "Gegenleistungen" des anderen Ehegatten im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft durch unbenannte Zuwendungen zu schaffen, für eine Anrechnung auf künftige Ausgleichsforderungen des Partners spricht. Hier kann eine solche unbenannte Zuwendung allenfalls in der Finanzierung des Hausbaus und damit auch der Eigentumshälfte der F liegen. Wenn die Aufwendungen nicht erheblich über hierdurch ersparte Mietaufwendungen hinausgehen, liegt es nahe, die Finanzierungsleistungen dem Familienunterhalt zuzurechnen, zu dem auch und gerade die Finanzierung des Wohnbedarfs der Familie und die Altersvorsorge (auch in Form der Schaffung von Wohnraum) gehören.
Rz. 93
Soweit eine unbenannte Zuwendung zu berücksichtigen ist, ist nach der Rechtsprechung wie folgt zu verfahren.
Auf eine Zuwendung der Ehegatten untereinander ist § 1374 Abs. 2 BGB nicht anwendbar. Es hat also keine Zurechnung im Anfangsvermögen des bedachten Ehegatten zu erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Schenkung im engeren Sinne oder unbenannte Zuwendung handelt.
Rz. 94
Zum Zwecke der Durchführung der Anrechnung muss zunächst der Wert der Zuwendung dem Endvermögen des zuwendenden Ehegatten zugerechnet werden, § 1380 Abs. 2 BGB, und zwar mit dem Wert zum Zeitpunkt der Zuwendung. Weil der Wert aber nicht gleichzeitig im Endvermögen beider Ehegatten berücksichtigt werden kann, ist er bei dem Endvermögen des Empfängers wiederum in Abzug zu bringen, um eine Doppelbelastung des Zuwendungsempfängers zu vermeiden. Dementsprechend muss der Wert der Zuwendung auch dann beim Endvermögen des Empfängers in Abzug gebracht werden, wenn sich der Wert noch in seinem Endvermögen befindet. Der Zugewinnausgleichsanspruch wird also aus dem um die Zuwendung erhöhten Endvermögen des Zuwendenden und dem um den Wert der Zuwendung reduzierten Endvermögen des Empfängers berechnet. Dies führt meist zu einer Neutralisierung der Zuwendung.
Rz. 95
Die Anwendung des § 1380 BGB führt aber nur dann zu einer Berücksichtigung des Vorausempfangs, wenn eine Ausgleichsforderung des Zuwendungsempfängers besteht, auf die ein Vorausempfang angerechnet werden kann. Hat aber der Zuwendungsempfänger im Voraus mehr erhalten, als ihm über den Zugewinnausgleich zusteht, erfolgt der Rückausgleich in anderer Weise. In diesem Fall ist nämlich in einem zweiten Berechnungsschritt, dieses Mal ohne Anwendung des § 1380 BGB und ohne Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB, eine Vergleichsberechnung des beiderseitigen Zugewinns unter Berücksichtigung des Zugewandten bzw. dessen, was hiervon noch im Endvermögen vorhanden ist, vorzunehmen. In diesem Fall ist der Empfänger-Ehegatte mit seinem entsprechend erhöhten Endvermögen ausgleichspflichtig, so dass also eine Beteiligung des zuwendenden Ehegatten in aller Regel in Form des hälftigen Rückausgleichs erfolgt. Die Sondervorschriften der §§ 1372 ff. BGB verdrängen die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder andere Rechtsvorschriften aber auch dann, wenn ihre Anwendung im Einzelfall nicht zu einem mindestens hälftigen Ausgleich der Zuwendung führt. Eine Korrektur soll vielmehr nur bei schlechthin unangemessenen und untragbaren Ergebnissen in Betracht kommen. Auch in gewissen Abweichungen von einer hälftigen Beteiligung sieht der BGH nämlich nur die Verwirklichung eines noch normal zu nennenden Risikos, wie es im Zugewinnausgleich angelegt sei und vor dem auch der zuwendende Ehegatte nicht völlig bewahrt werden könne. Eine Korrektur über §§ 242/313 BGB kommt aber in Betracht, wenn einerseits der Zuwendungsempfänger keinen Zugewinn aufzuweisen hat, beispielsweise wegen entsprechend hohen Anfangsvermögens, obwohl die Zuwendung wertmäßig in seinem Vermögen noch vorhanden ist, und wenn andererseits der Zuwendende ohne Vermögen bzw. in seinem Auskommen beeinträchtigt ist, also eine Art Notbedarfsfall vorliegt, der nach § 528 BGB zu einem Schenkungswiderruf berechtigen würde.
Berechnungsbeispiele siehe Rdn 104 ff.