Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Rechtliche Grundlagen
Rz. 14
Die Ehescheidung ist keine Veranlassung für eine Sorgerechtsregelung. Es bleibt auch nach Trennung und rechtskräftiger Scheidung der Ehe bei der gemeinsamen elterlichen Sorge für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder, es sei denn, es werden anderslautende gerichtliche Anträge gestellt.
Nach § 1671 BGB kann das Familiengericht auf Antrag einem Elternteil die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge alleine übertragen, wenn entweder der andere Elternteil zustimmt (und das über 14 Jahre alte Kind nicht widerspricht) oder zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung der alleinigen Sorge auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB.
Rz. 15
Soweit das Gesetz in § 1671 Abs. 1 BGB vorsieht, dass einem Elternteil ein Teil der elterlichen Sorge alleine übertragen werden kann, wird nicht näher definiert, welche Teile des grundsätzlich gemeinsamen Sorgerechts abgekoppelt werden können.
Aufteilbar ist die elterliche Sorge nicht nur in Personensorge und Vermögenssorge, vgl. § 1626 Abs. 1 BGB; es besteht vielmehr umfassende Gestaltungsfreiheit, so dass z.B. die Beschränkung auf die Aufenthaltsbestimmung, die Schul- und/oder Berufsausbildung, die Heilbehandlung oder die Regelung des Umgangs mit anderen Personen zulässig ist. So kann beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht i.V.m. dem Recht zur Regelung der Schulangelegenheiten entzogen werden, wenn diese das Kind der gesetzlichen Schulpflicht entziehen und auf Hausunterricht bestehen wollen. Auch kann einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Zeiten des Umgangsrechts des anderen Elternteils entzogen werden, verbunden mit der Beiordnung eines Umgangspflegers.
Rz. 16
Dem Gericht muss in einem Ehescheidungsantrag mitgeteilt werden, ob gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind, wann sie geboren sind, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und ob Regelungen u.a. zum Sorge- und Umgangsrecht getroffen sind, § 133 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG.
Das Gericht hat seinerseits im Ehescheidungsverfahren die Ehegatten zur elterlichen Sorge anzuhören und sie auf die Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen, § 128 Abs. 2 FamFG. Das Gericht teilt dem Jugendamt die Rechtshängigkeit von Scheidungssachen mit, damit dieses die Eltern über seine Leistungsangebote und den Anspruch auf Trennungs- und Scheidungsberatung unterrichten kann, § 17 Abs. 2 und 3 SGB VIII.
Rz. 17
Wird das Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB nach Trennung eingeleitet, ist es ein isoliertes FamFG-Verfahren ohne Anwaltszwang, §§ 151 Nr. 1, 114 Abs. 1, 111 Nr. 2 FamFG. Wird später das Ehescheidungsverfahren eingeleitet oder wird der Sorgerechtsantrag nach Anhängigkeit eines Ehescheidungsverfahrens gestellt, tritt – anders als bei Folgesachen i.S.d. § 137 Abs. 2 FamFG (Versorgungsausgleich, Unterhalt, Wohnung und Haushalt, Güterrecht) – nicht kraft Gesetzes der Verbund mit dem Ehescheidungsverfahren ein. Verbund mit der Ehesache (und zwar auch mit der Konsequenz des Anwaltszwanges, §§ 152 Abs. 1, 114 Abs. 1 FamFG) entsteht nur, wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung die Einbeziehung in den Verbund beantragt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachgerecht, 137 Abs. 2 und 4 FamFG.
Ist der Verbund eingetreten, kann nach § 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG eine Abtrennung erfolgen, wenn das Gericht dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Verfahren ausgesetzt ist, § 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG. Für den Abtrennungsantrag besteht kein Anwaltszwang, § 114 Abs. 4 Nr. 4 FamFG. Das betroffene Kind ist im Verfahren immer formell zu beteiligen, § 7 Abs. 2 FamFG. Soweit es nicht nach § 9 FamFG verfahrensfähig ist, wird es durch die sorgeberechtigten Eltern vertreten. Interessenkonflikten trägt das Gesetz durch die Anordnung eines Verfahrensbeistandes Rechnung, § 158 Abs. 2 FamFG.
Die Entziehung der sich aus § 1629 Abs. 1 BGB ergebenden Vertretungsberechtigung nach § 1629 Abs. 2 BGB kommt daneben auch bei Feststellung eines Interessenkonfliktes regelmäßig nicht in Betracht. Die Anordnung eines Verfahrensbeistandes stellt das mildere Mittel gegenüber der Entziehung der Vertretungsberechtigung nach § 1629 Abs. 2 BGB dar.
Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist allerdings notwendig, wenn es nicht um Verfahren der Personensorge/des Umgangsrechtes geht, sondern um Verfahren, die ausschließlich das Vermögen eines minderjährigen Kindes betreffen.