Rz. 220

Insoweit wird ebenfalls üblicherweise die DT angewandt, die auch Unterhaltsbeträge für volljährige Kinder gesondert ausweist.

1. Grundsätze zur Ausbildung des volljährigen Kindes

 

Rz. 221

Für jedes Kind besteht die Obliegenheit, sich ausbilden zu lassen.[351] Kommt es einer Ausbildungsobliegenheit in dem Zeitraum der Minderjährigkeit nicht nach, sind die Eltern verpflichtet, durch Erziehungsmaßnahmen auf eine Ausbildung hinzuwirken.[352] Unterzieht sich ein volljähriges Kind keiner Berufsausbildung, ist es grundsätzlich nicht unterhaltsbedürftig.[353]

Umgekehrt hat jedes Kind das Recht auf eine angemessene Ausbildung.[354] Grundsätzlich ist es während der Ausbildung unterhaltsbedürftig. Dies gilt aber lediglich dann, wenn tatsächlich eine mit einem entsprechenden Ziel verbundene Ausbildung absolviert wird. Wird z.B. mangels Erreichens eines notwendigen Numerus clausus ein anderes Fach studiert, das nicht dem eigentlichen Berufsziel des Kindes dient (sog. Parkstudium), ist das Kind grundsätzlich nicht unterhaltsbedürftig, weil es sich einer zielgerichteten Ausbildung nicht unterzieht.[355] Anderes muss dann gelten, wenn das Kind zwar sein Studienfach als sog. Parkstudium bezeichnet, jedoch das Fach ernsthaft studiert mit der Alternative, es dann erfolgreich abzuschließen, wenn es nicht in angemessener Zeit gelingt, in das eigentliche Wunschfach zu wechseln. Ist das sog. Parkstudium unabhängig davon für den beabsichtigten Beruf förderlich, ist es ebenfalls als Teil der Ausbildung zu finanzieren.[356]

Ähnlich ist die Situation für einen Abiturienten, wenn er beispielsweise feststellt, dass sein – schlechter – Notendurchschnitt des Abiturs nicht ausreicht, auch nur irgendein Fach zu studieren, das mit einem Numerus clausus versehen ist. Er mag hoffen, später noch einen Studienplatz in einem der für ihn in Betracht kommenden Fächer zu erhalten, will sich aber zunächst mit einer Lehre eine berufliche Grundlage schaffen. Es ist eine Frage des Einzelfalles, ob Eltern ein anschließendes etwaiges Studium zu finanzieren verpflichtet sind.[357]

[352] Wendl/Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 55.
[353] BGH FamRZ 1998, 671; OLG Celle FamRZ 2012, 995; dagegen OLG Frankfurt v. 4.4.2018 – 2 UF 135/17, FamRZ 2018, 1314: Unterhaltspflicht entfällt bei sozialem Jahr ohne Bezug zu einer geplanten Ausbildung; OLG Düsseldorf v. 1.3.2019 – II-3 WF 140/18, FamRZ 2019, 1136; insgesamt dazu Bömelburg, FamRZ 2019, 211.
[354] Zum – nicht akzeptierten – Anspruch auf Ausbildungsunterhalt an einer ausländischen Bibelschule vgl. OLG Hamm v. 3.11.2016 – II-13 UF 109/16, FamRZ 2017, 711.
[355] OLG Koblenz FamRZ 1991, 108.
[356] OLG Naumburg FamRZ 2008, 1986.
[357] BGH FamRZ 2006, 1100; BGH FamRZ 1995, 416; BGH FamRZ 1977, 629.

2. Typischer Sachverhalt

 

Rz. 222

Die Eheleute F und M haben sich getrennt. Sie haben zwei Kinder im Alter von 18 (K1) und 16 Jahren (K2), die sich beide noch in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Beide Eltern sind ganztags erwerbstätig, wobei F monatsdurchschnittlich 1.300 EUR verdient und M 1.800 EUR. Das Kindergeld in Höhe von insgesamt 438 EUR wird an F ausgezahlt.

3. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 223

Die Rechtsgrundlagen für den Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes[358] sind im Wesentlichen identisch mit dem Minderjährigenunterhalt (siehe Rdn 159 ff.).

[358] Hierzu allgemein mit umfangreichen Rspr.-Hinw. Miesen, FamRZ 1991, 125.

a) Unterschiede Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt

 

Rz. 224

Die Aufteilung in Barunterhalt und Naturalunterhalt entfällt, da § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nur im Hinblick auf ein minderjähriges Kind gilt. Damit sind gegenüber dem volljährigen Kind also beide Elternteile anteilig zum Barunterhalt verpflichtet.
Für das volljährige Kind kann nicht der dynamisierte Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB geltend gemacht werden.[359]

Gegenüber dem volljährigen Kind besteht in der Regel nicht mehr die gesteigerte Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB. Daher kann sich jeder Schuldner ihm gegenüber auf den großen Selbstbehalt oder angemessenen Eigenbedarf (zurzeit beim Erwerbstätigen monatlich 1.400 EUR) berufen und nicht mehr nur auf den kleinen Selbstbehalt oder notwendigen Eigenbedarf (zurzeit beim Erwerbstätigen 1.160 EUR).

Beachten! § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB: Solange sich ein noch nicht 21 Jahre altes Kind in der allgemeinen Schulausbildung[360] – nicht in einer Berufsausbildung – befindet und bei den Eltern oder bei einem Elternteil lebt, steht es einem minderjährigen Kind gleich. Das gilt jedoch nur, soweit es um die gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern geht: Diese können sich ihm gegenüber – soweit erwerbstätig – nur auf den kleinen Selbstbehalt von zurzeit 1.160 EUR oder – soweit nicht erwerbstätig – 960 EUR berufen und nicht auf den großen Selbstbehalt;[361] die Ausnahmeregelungen in § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB müssen beachtet werden. Es bleibt hingegen dabei, dass gegenüber jedem volljährigen, auch gegenüber dem noch nicht 21 Jahre alten Kind beide Eltern barunterhaltspflicht...

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