1. Unterhaltsvorschussgesetz

 

Rz. 583

Nach dem zum 1.7.2017 reformierten Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) kann für ein Kind, das noch nicht 18 Jahre alt ist, Zahlung eines Unterhaltsvorschusses verlangt werden. Die Eltern müssen – verheiratet, geschieden oder unverheiratet – getrennt leben (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 UVG). Der Vorschuss wird geleistet in Höhe des Mindestunterhalts der ersten oder zweiten Altersstufe nach § 1612a BGB entsprechend dem Mindestsatz der Düsseldorfer Tabelle in der zutreffenden Altersstufe (§ 2 Abs. 1 S. 1 UVG) oder in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten Unterhalt und dem Mindestunterhalt (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG). Vom betreuenden Elternteil bezogenes Kindergeld (stets nur in Höhe des geringsten Satzes für ein erstes Kind) oder Kindergeldersatz gemäß § 65 Abs. 1 EStG wird – anders als in § 1612b BGB – in voller Höhe angerechnet (§ 2 Abs. 2 UVG).

Auch wenn ein eigentlich barunterhaltspflichtiger Elternteil verstorben ist, besteht der Anspruch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG. Bezieht das Kind nur eine unter dem Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB liegende Waisenrente, kann Unterhaltsvorschuss in Höhe der Differenz verlangt werden (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 UVG).

Ein ausländisches Kind hat den Anspruch gemäß § 1 Abs. 2a UVG nur, wenn es selbst oder der das Kind betreuende Elternteil eine Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis besitzt.

 

Rz. 584

Der Unterhaltsvorschuss wurde früher insgesamt für höchstens 72 Monate gezahlt (§ 3 UVG). Diese zeitliche Begrenzung ist mit der Reform zum 1.7.2017 entfallen. Die Zahlung kann auch rückwirkend für den letzten Monat vor Antragstellung geleistet werden, wenn sich der betreuende Elternteil ausreichend darum bemüht hat, den Schuldner zur Zahlung zu veranlassen (§ 4 UVG).

 

Rz. 585

Der Unterhaltsvorschuss wird von dem Bundesland geleistet, in dem das berechtigte Kind lebt. Der Antrag ist zu stellen bei dem für das Kind zuständigen Jugendamt der Gemeinde oder des Kreises.

 

Rz. 586

Selbst wenn ein Unterhaltsvorschuss gewährt wird, kann das Kind Unterhalt für die Zukunft gerichtlich geltend machen. Denn der Unterhaltsanspruch geht als Folge der Bewilligung von Unterhaltsvorschuss gemäß § 7 UVG nicht für die Zukunft über, sondern nur für den jeweiligen Monat, für den ein Unterhaltsvorschuss gewährt wird. Wenn jedoch voraussichtlich Unterhaltsvorschuss für einen längeren Zeitraum zu leisten ist, kann das Land gemäß § 7 Abs. 4 UVG bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen beim Familiengericht einen Unterhaltsantrag auf zukünftige Leistung stellen; geschieht das, so kann das Kind seinen künftigen Unterhaltsanspruch in Höhe des geleisteten Unterhaltsvorschusses nicht mehr selbst gerichtlich geltend machen.

Werden parallel Unterhaltsvorschuss beantragt sowie ein Unterhaltsantrag beim Familiengericht gestellt und wird dann Unterhaltsvorschuss für die Zeit geleistet, die von dem Unterhaltsantrag erfasst wird, muss das Verfahren für den fraglichen Zeitraum in Höhe des geleisteten Vorschusses für erledigt erklärt werden, weil die Forderung auf das Land übergegangen ist. Der gerichtliche Unterhaltsantrag kann nicht etwa im Wege der Prozessstandschaft in Höhe des geleisteten Unterhaltsvorschusses auf Zahlung an das Land umgestellt werden; auch ist es nicht zulässig, dass das Land den Unterhaltsgläubiger zur Forderungseinziehung an ihn ermächtigt. Allerdings kann gemäß § 7 Abs. 4 UVG das Land den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch auf den Unterhaltsgläubiger zurückübertragen; in diesem Fall ist das Verfahren auf Kosten des Landes vom Unterhaltsgläubiger fortzuführen.

2. Antrag auf Abzweigung von Sozialleistungen

 

Rz. 587

Unabhängig davon, ob ein Unterhaltstitel bereits vorliegt, kann der Gläubiger in gewissem Maße auf Sozialleistungen zurückgreifen, die dem Schuldner gewährt werden. Dieser Zugriff ist durch einen Antrag auf Abzweigung gemäß § 48 Abs. 1 SGB I möglich.[951]

Typische Fälle für eine Abzweigung sind das Kindergeld und der Kinderzuschuss in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wird der Behörde, die für die Auszahlung der Sozialleistung zuständig ist, vom Gläubiger glaubhaft gemacht, dass der Schuldner seine Unterhaltspflicht nicht erfüllt, und wird die Abzweigung der wegen des Gläubigers gewährten Sozialleistung beantragt, so kann[952] der Leistungsträger diese Sozialleistung unmittelbar an den Unterhaltsgläubiger auszahlen. Insoweit wird der Unterhaltsanspruch durch Leistung eines Dritten gemäß § 267 BGB erfüllt.[953]

[951] Siehe hierzu im Einzelnen Heilemann, FamRZ 1995, 1401.
[952] Eine Verpflichtung besteht nicht, der Leistungsträger hat nur sein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, BSG FamRZ 1987, 274.
[953] Zur Abzweigung insgesamt siehe BGH FamRZ 1988, 604.

3. Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II

 

Rz. 588

Wer sich nicht selbst unterhalten kann und auch nicht von anderen unterhalten wird, erhält gemäß § 2 SGB XII auf Antrag Sozialhilfe, soweit und solange er einen Unterhaltsanspruch nicht durchsetzen kann und keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Nach §§ 33 SGB II und 94 SGB XII geht der Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeempfängers jeweils bis zu der Höhe, in der So...

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