I. Grundsatz der Selbstbestimmung
Rz. 2
Die Regelungen zu den Tätigkeiten des Betreuers in Vermögensangelegenheiten wurden umfassend neu geregelt. Sie sollen sich an dem Grundsatz der Selbstbestimmung messen lassen, bei dem der Wunsch des Betreuten und nicht sein Wohl maßgeblich ist, wie es schon in § 1821 BGB n.F. verankert wurde. Zudem wurden sie von den Anordnungen für Mündel entkoppelt und modernisiert.
Der Gesetzgeber sah, auch an einer Entscheidung des BGH orientiert, die Betreuungspraxis sich noch zu sehr am objektiven Wohl statt an der Selbstbestimmung des Betreuten orientierend. Er stellt eindrucksvoll fest, dass eine bewusste Selbstschädigung zulässig ist, ja sogar ein Recht darauf besteht.
Zudem seien durch die Verweisungen über § 1908i Abs. 1 BGB a.F. Grundsätze aus dem Recht für Mündel maßgeblich, die im Betreuungsrecht nicht passen. Die Sorge um ein Mündel gebietet es, sein Vermögen zu bewahren, damit er darüber bei Volljährigkeit selbst bestimmen kann. Bei Betreuten ist der Ansatz ein grundsätzlich anderer: Es geht nicht um das Bewahren von Vermögen für später, sondern die Verwendung für den Betreuten, der es in der alters- oder krankheitsbedingten Hilfssituation benötigt.
Diesen beiden Gedanken soll in den §§ 1838 ff. BGB n.F. Rechnung getragen werden, die insofern im Vermögensbereich die Grundsätze des § 1821 BGB n.F. ausformen.
II. Handlungsorientierungen
Rz. 3
Übersicht: Handlungsorientierung für Betreuer
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Eigenes Handeln des Betreuten |
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Befolgung von Wünschen des Betreuten durch Betreuer |
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Handeln nach konkretem, mutmaßlichen Willen des Betreuten |
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Rückgriff auf die §§ 1839–1843 BGB n.F. als dem mutmaßlichen Willen entsprechend anzunehmen |
Rz. 4
In erster Linie ist vom Betreuer Zurückhaltung zu üben: Soweit der Betreute selbst seine Angelegenheiten regelt und dies auch kann, hat sich der Betreuer zurückzunehmen, §§ 1838 Abs. 1, 1821 BGB n.F. Muss der Betreuer handeln, gilt gem. § 1838 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. auch in Vermögensangelegenheiten der Grundsatz der Wunschbefolgung nach § 1821 BGB n.F.
Auch danach ist nicht das Wohl des Betreuten der Handlungsmaßstab, sondern der mutmaßliche Wille, § 1838 Abs. 1 S. 2 Hs. 2. BGB n.F. Erst hilfsweise, wenn der konkrete, mutmaßliche Wille nicht zu ermitteln ist, sind die gesetzlichen Regelungen der §§ 1839–1843 BGB n.F. anzuwenden, § 1838 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB n.F. Es wird angenommen, dass dort eine Art verallgemeinerungsfähiger, mutmaßlicher Wille im Sinne von § 1821 Abs. 4 BGB n.F. kodifiziert wurde.
Rz. 5
Allerdings hat der Betreuer Anzeigepflichten gegenüber dem Betreuungsgericht, wenn er von den in §§ 1839–1843 BGB n.F. niedergelegten Grundsätzen abweichen möchte, weil er meint, nach dem konkreten oder mutmaßlichen Willen des Betreuten handeln zu müssen, § 1838 Abs. 2 BGB n.F. Dies soll dem Schutz des Betreuten dienen.