a) Zulässigkeit vertraglicher Regelungen
Rz. 8
Wie bereits erwähnt (siehe Rdn 6), sind die gesetzlichen Regelungen dispositiv, so dass den Gesellschaftern die Möglichkeit eröffnet ist, eigene, von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Rechtsfolgen zu vereinbaren. In der Praxis sind vor allem die nachfolgend genannten Gesellschaftsvertragsklauseln verbreitet, die sich bereits gesellschaftsrechtlich deutlich voneinander unterscheiden und die auch hinsichtlich der sich ergebenden erb- und pflichtteilsrechtlichen Konsequenzen stark divergierende Eigenschaften aufweisen. Gerade diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt wird beim Vertragsschluss oftmals keine oder nur unzureichende Beachtung geschenkt, was mitunter zu erheblichen ungeplanten Liquiditätsbelastungen – für Mitgesellschaft und/oder Erben – führen kann.
b) Fortsetzungsklausel – Gesellschaftsrechtliche Aspekte
Rz. 9
Fortsetzungsklauseln bilden im Grunde den (aktuellen) gesetzlichen Regelfall nach, indem sie eine Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern unter gleichzeitigem (todesbedingtem) Ausscheiden des Verstorbenen vorsehen. Seit dem Inkrafttreten des HRefG 1998 beschränkte sich die praktische Bedeutung im Wesentlichen auf GbRs, wo sie aber – jedenfalls im Hinblick auf die rechtsfähige GbR (§§ 706 ff. BGB) sog. eGbR i.S.v. § 707a Abs. 2 BGB – künftig wohl auch zunehmend an Bedeutung verlieren wird. Allerdings sind Fortsetzungsklauseln auch in älteren Gesellschaftsverträgen von Personenhandelsgesellschaften noch weit verbreitet.
Rz. 10
Im Anwendungsbereich einer Fortsetzungsklausel führt der Tod eines Gesellschafters dazu, dass der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes aus der Gesellschaft ausscheidet, wodurch auch automatisch alle ihm zu seinen Lebzeiten zustehenden gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte erlöschen. Die gesamthänderische Beteiligung des Verstorbenen am Gesellschaftsvermögen wächst den überlebenden (Mit-)Gesellschaftern nach § 105 Abs. 3 HGB, § 712 Abs. 1 BGB zu. Dieser sog. Anwachsungserwerb vollzieht sich automatisch, also ohne, dass es hierzu irgendeiner weiteren Handlung bedürfte.
Rz. 11
Zum Nachlass des Erblassers gehört (bestenfalls) ein ihm als Ausgleich für den Verlust der Gesellschafterstellung zustehender Abfindungsanspruch nach § 728 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. nach § 135 Abs. 1 S. 1 HGB (ggf. i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB). Bei diesem handelt es sich um einen reinen Geldanspruch, der gegen die Gesellschaft (als solche) gerichtet ist.
Rz. 12
Grundlage der Bemessung des Abfindungsanspruchs ist grundsätzlich der Ertragswert des Anteils. Schon zu § 738 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. ging der BGH zutreffend davon aus, dass die Fortsetzungsklausel gerade auf eine Fortführung der Gesellschaft bzw. ihres Unternehmens abziele, so dass sich der angemessene Ausgleich für den Verlust der Möglichkeit, hieran zu partizipieren, am Fortführungswert orientieren müsse. Auf den Liquidationswert könne es daher (trotz des seinerzeit darauf hindeutenden Gesetzeswortlauts) nicht ankommen. Das muss nach aktuellem Recht (§ 727 BGB) erst recht gelten.
Maßgeblich ist also der tatsächliche Wert, der entweder (traditionell) nach dem Ertragswertverfahren oder nach der Discounted Cash-Flow-Method zu ermitteln ist.
Rz. 13
Der so ermittelte Abfindungsanspruch kann mitunter Ausmaße annehmen, die die Liquiditätsreserven der Gesellschaft bei weitem überfordern und somit existenzbedrohend wirken können. Außerdem gestaltet sich die Ermittlung des Unternehmens- bzw. Anteilswerts und damit auch des Abfindungsanspruchs in der Praxis als äußerst streitanfällig und mitunter sehr aufwendig. Gerade im Fall des todesbedingten Ausscheidens führt dies häufig zu langwierigen Auseinandersetzungen zwischen der Gesellschaft und den Erben des Verstorbenen.
Rz. 14
Um diese Gefahren zu vermeiden, werden Fortsetzungsklauseln daher in der Praxis oftmals durch Abfindungsklauseln ergänzt. Da die gesetzlichen Vorgaben in § 728 Abs. 1 S. 1 BGB nach § 708 BGB (bzw. die in § 135 HGB nach § 108 HGB) ausdrücklich dispositiv sind, steht es den Gesellschaftern – in gewissen Grenzen – frei, abweichende Vereinbarungen vertraglich zu vereinbaren. Verbreitet sind insoweit einerseits Regelungen zur betragsmäßigen Begrenzung des Abfindungsguthabens und andererseits Fälligkeitsregelungen, die bspw. eine ratenweise Auszahlung der geschuldeten Abfindung vorsehen. Die Bandbreite möglicher Inhalte von Abfindungsklauseln ist enorm. Allerdings steht meist die Absicherung der Gesellschaft gegen unerwartete und mitunter sehr erhebliche Liquiditätsabflüsse im Vordergrund. Denn eine "vollwertige", sofort fällige Abfindung ginge, wie erwähnt, oft über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gesellschaft bzw. ihres Unternehmens hinaus und würde daher erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten mit sich bringen. In der Praxis wird vielfach der...