Rz. 99
In der Rechtsprechung zum Aktienrecht ist allgemein anerkannt, dass die unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten, die Stammaktien einerseits und Vorzugsaktien andererseits gewähren, sich in der Bewertung niederschlagen müssen. Zur Begründung wird insbesondere darauf verwiesen, dass die Börsenkurse der Vorzugsaktien regelmäßig unter denen der Stammaktien liegen. Da es sich bei Stamm- und Vorzugsaktien um Aktien verschiedener Gattungen handelt, führt ihre unterschiedliche Behandlung auch nicht zu einem Verstoß gegen § 53a AktG, so dass der h.M. grundsätzlich zuzustimmen ist. Im Übrigen spricht auch nichts dagegen, sie auf unterschiedlich ausgestattete Geschäftsanteile an einer GmbH zu übertragen.
Rz. 100
Im Hinblick auf die Zielsetzung der Bewertung im Pflichtteilsrecht, nämlich den wirklichen Wert der Anteile zu ermitteln, müssen dieselben Grundsätze auch hier Anwendung finden. Dabei gelten aber die bei den Paketzuschlägen dargestellten Einschränkungen entsprechend (vgl. Rdn 76, 92), da die Ursache der erweiterten oder beschränkten Einflussmöglichkeiten für die Frage ihrer Einbeziehung in die Wertermittlung keine Rolle spielen kann. Es kommt somit auch hier auf die weitere Verwendung der Anteile an.
Rz. 101
Hinsichtlich eines Wertabschlags bei den Vorzugsaktien oder entsprechend ausgestalteten GmbH-Anteilen gelten die zu den Minderheitsabschlägen gemachten Ausführungen entsprechend (vgl. Rdn 94).
Rz. 102
Die unterschiedliche Ausgestaltung der Einflussmöglichkeiten bei Personen-, insbesondere Kommanditgesellschaften, also bspw. der gesetzlich vorgesehene Ausschluss der Kommanditisten von der Geschäftsführung (§ 164 S. 1 HGB), wurde bislang von der Rechtsprechung noch nicht problematisiert. Ansätze für eine Berücksichtigung finden sich bislang lediglich in einer Entscheidung des LG Konstanz vom 1.10.1987. Im Ergebnis wird man aber festhalten müssen, dass unterschiedliche Stimm- und Herrschaftsrechte sich im Regelfall nicht auf die zu erwartenden Zahlungsströme zwischen Gesellschaft und Gesellschafter auswirken werden. Nur bei einer gedachten Veräußerung des Anteils kann der Umfang der mit ihm verbundenen Einflussmöglichkeiten wertbestimmend sein. In dieser Hinsicht bildet die Kommanditgesellschaft aber ohnehin einen Sonderfall, der weder mit ähnlichen Vorgängen bei anderen Personengesellschaften noch mit der Situation bei Kapitalgesellschaften ohne weiteres vergleichbar ist.