I. Anfall eines einzelkaufmännischen Unternehmens an eine Erbengemeinschaft
Rz. 57
Gehört zum Nachlass ein Einzelunternehmen und wird der Erblasser von einer Erbengemeinschaft beerbt, kann diese das Einzelunternehmen ohne zeitliche Begrenzung in ungeteilter Erbengemeinschaft fortführen. Der Erbfall führt also nicht zu einer Änderung der Rechtsform, insbesondere nicht zur (automatischen) Entstehung einer GbR oder OHG. Auch das nachträgliche Ausscheiden einzelner Miterben bzw. eine personenbezogene Teilerbauseinandersetzung ändern hieran nichts, solange noch wenigstens zwei Miterben verbleiben.
Im Fall der Vererbung eines einzelkaufmännischen Unternehmens kommt es demzufolge nicht zur Entstehung von Gesellschaftsanteilen, sondern lediglich von Miterbenanteilen. Für die Bewertung des Unternehmens ergeben sich hier keine Besonderheiten. Vielmehr wird die Erbengemeinschaft hier (wie allgemein) wie eine Person behandelt.
II. Vererbung von Personengesellschaftsanteilen an mehrere Erben
Rz. 58
Die Vererbung von Personengesellschaftsanteilen (aufgrund gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklauseln) kann zur Entstehung neuer Gesellschaftsanteile führen. Allerdings stellt dies eine gesellschaftsrechtliche Besonderheit dar, die losgelöst von der nach erbrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden wertmäßigen Zuordnung des Nachlassvermögens zu sehen ist.
Rz. 59
Dies gilt insbesondere für die pflichtteilsrechtliche Beurteilung dieser Situation: Eine etwaige (auf der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten der Singularsukzession beruhende) Zersplitterung der (ursprünglich einheitlichen) Beteiligung des Erblassers kann sich zwar auf den Verkehrswert derselben bzw. der "neuen" Anteile auswirken. Dies muss aber im Hinblick auf die Wertbemessung für pflichtteilsrechtliche Zwecke außen vor bleiben. Denn zum einen war die Zersplitterung "im Zeitpunkt des Erbfalls" noch nicht eingetreten und stellt somit eine nach dem Stichtag eingetretene Entwicklung dar. Zum anderen beruht sie auf Entscheidungen und Dispositionen des Erblassers, der es – bewusst oder unbewusst – unterlassen hat, eine Zersplitterung seines Anteils durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen zu verhindern.
Rz. 60
Außerdem entspräche eine Berücksichtigung auch nicht der Denkfigur vom "idealen Erben". Denn, wenn überhaupt, kann eine Wertminderung (außer im Verkaufsfall) nur darauf beruhen, dass die einzelnen Miterben von den ihnen zugefallenen Gesellschaftsrechten nicht gemeinsam ("wie ein Mann") Gebrauch machen. Wirtschaftlich unsinniges Verhalten oder auch Uneinigkeit innerhalb einer Erbengemeinschaft können aber keine Faktoren bilden, die die Höhe des Pflichtteilsanspruchs irgendwie beeinflussen. Die auf Gesellschaftsrecht beruhende automatische Aufteilung des Gesellschaftsanteils stellt im Grunde genommen eine gesetzlich vorgeschriebene Teilerbauseinandersetzung dar. Maßnahmen der Auseinandersetzung und ihre Folgen sind aber der Pflichtteilsberechnung nachgelagert und haben auf sie keinen Einfluss. Bewertungsobjekt ist daher grundsätzlich der (ursprüngliche) Gesellschaftsanteil des Erblassers.
Rz. 61
Dasselbe gilt (offensichtlich) auch im umgekehrten Fall, wenn ein bereits zu Lebzeiten des Erblassers an der Gesellschaft beteiligter Erbe den (oder einen Teil des) Erblasseranteils hinzuerwirbt und somit seine Gesellschafterposition ausbaut.