1. Indirekte Methode
Rz. 67
Bei der indirekten Methode wird der Anteilswert aus dem Wert des Gesamtunternehmens abgeleitet. Logischerweise entspricht dabei die Summe aller so abgeleiteten Anteilswerte dem Wert des Unternehmens insgesamt.
Rz. 68
Im Prinzip wird der Wert des einzelnen Anteils durch Multiplikation des Unternehmensgesamtwerts mit der jeweiligen Anteilsquote bestimmt. Für diese ist nach zutreffender Auffassung der jeweilige Anteil am Ertrag maßgeblich, nicht etwa die Beteiligung am Gesellschaftskapital. Denn der Wert des Anteils wird vor allem durch das "Herausholbare" geprägt. Und das hängt in erster Linie vom Gewinnanteil ab.
Rz. 69
Der so errechnete sog. quotale Anteilswert bildet sodann die Grundlage, um durch bestimmte Zu- und Abschläge für besondere Eigenschaften und/oder eine besondere gesellschaftsrechtliche Ausstattung des Anteils den Verkehrswert der Beteiligung abzuleiten. Das Hauptproblem für die Bewertungspraxis bildet die Bestimmung der im konkreten Fall angemessenen Zu- und Abschläge.
2. Direkte Methode
Rz. 70
Bei der direkten Methode wird die Beteiligung einstufig und unmittelbar bewertet. Nach dieser Methode wird der Anteilswert – vereinfacht gesprochen – durch den Barwert der zu erwartenden Zahlungsströme vom Unternehmen an seine Anteilseigner bestimmt. Das Unternehmen als Ganzes und der Anteil am Unternehmen werden als voneinander unabhängige Bewertungsobjekte angesehen. Dieser gedankliche Ansatz ist dann plausibel, wenn – z.B. bei größeren Gesellschafterkreisen – der Wert des Gesamtunternehmens für den einzelnen Gesellschafter nur von untergeordneter Bedeutung ist und es aus seiner Sicht vor allem auf die zu erwartenden Ausschüttungen und gegebenenfalls die mögliche Realisierung von Veräußerungsgewinnen im Falle des Anteilsverkaufs ankommt.
Diese Betrachtungsweise kann auch dazu führen, dass die rechnerische Summe der so ermittelten Anteilswerte nicht mit dem Wert des Gesamtunternehmens übereinstimmt.
Rz. 71
Die betriebswirtschaftliche Praxis bevorzugt die direkte Methode vor allem zur Kaufpreisfindung bei Beteiligungsakquisitionen, da es hier vor allem auf die dem Anteilseigner voraussichtlich zufließenden Zahlungsströme bzw. deren Vergleich mit einer Alternativinvestition ankommt.
Rz. 72
Dieselben Überlegungen liegen grundsätzlich auch der Kurswertbestimmung bei börsennotierten Aktien zugrunde. Denn auch im Börsenkurs spiegeln sich die Dividendenerwartungen und die Chance, Kursgewinne zu erzielen, wider. Daher kann der Börsenkurs grundsätzlich als Verkehrswert des Anteils (der Aktie) angesehen werden. Dies entspricht auch der Wertung des Gesetzgebers, die dieser für steuerliche Zwecke in § 11 Abs. 1 BewG kodifiziert hat. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist diese Aussage ebenfalls zutreffend, wobei sie uneingeschränkt vor allem für Anteile im Streubesitz sowie für Kleinaktionäre, die ihre Aktien in erster Linie als Kapitalanlage und nicht als Gegenstand einer unternehmerischen Tätigkeit ansehen, gelten dürfte.
Rz. 73
Größere Aktienpakete vermitteln jedoch oftmals auch unternehmerischen Einfluss. Soweit mit dem Aktienbesitz auch eine unternehmerische Tätigkeit des Anteilseigners verbunden ist, löst sich der Wert des Aktienpakets zunehmend vom reinen Kurswert und nähert sich dem quotalen Anteil am Unternehmenswert. Dieser lässt sich nicht aus dem Börsenkurs ableiten; vielmehr muss ihm eine ertrags- bzw. zahlungsstromorientierte Unternehmensbewertung zugrunde gelegt werden.