Rz. 176
Durch die in § 2325 Abs. 3 BGB geregelte zeitanteilige Abschmelzung des für Pflichtteilsergänzungsansprüche zu berücksichtigenden Werts bildet die (möglichst frühzeitige) lebzeitige Übertragung von Unternehmen – jedenfalls aus pflichtteilsrechtlicher Sicht – einen interessante Gestaltungsansatz.
Rz. 177
Die ratierliche Abschmelzung des in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs einzubeziehenden Werts der lebzeitigen Zuwendungen führt dazu, dass die mit Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüchen einhergehenden Belastungen für den Unternehmensnachfolger immer mehr abnehmen. Für jedes Jahr, das seit der Übertragung verstrichen ist, reduziert sich der Umfang der Pflichtteilsergänzungsansprüche um 10 %. Entscheidend ist hierbei aber, dass sowohl die Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 BGB (zehn Jahre) als auch die Abschmelzung erst beginnen, wenn der Erblasser/Schenker seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgegeben und – hiermit verbunden – auch auf die künftigen Nutzungen verzichtet hat.
Rz. 178
Vor diesem Hintergrund kommen insbesondere Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt grundsätzlich wohl nicht in Betracht, auch wenn durchaus gute Gründe gegen die Rechtsprechung zum Genussverzicht ins Feld geführt werden. Übertragungen gegen Versorgungsleistungen (Leibrenten etc.) sollten jedoch möglich sein. Allerdings sollte hierbei äußerste Vorsicht an den Tag gelegt, insbesondere dann, wenn die Versorgungsleistungen dinglich gesichert werden. Dann besteht ein erhebliches Risiko, dass im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der erforderliche "Genussverzicht" abgelehnt werden könnte.
Rz. 179
Möglich erscheint jedoch die Zuwendung von – ggf. nur zum Zwecke der Unternehmensnachfolge geschaffenen – Gesellschaftsanteilen, wobei sich der Erblasser/Schenker einen – geringfügigen – Anteil vor- bzw. zurückbehält. Dieser Anteil kann mit überproportionalen Stimmen- bzw. Entnahme-/Gewinnbezugsrechten ausgestattet werden, so dass die Versorgung des Übergebers abgesichert ist. Im Hinblick darauf, dass derartige gesellschaftsrechtliche Gestaltungen auch unter fremden Dritten nicht unüblich sind, sollte davon auszugehen sein, dass einem Genussverzicht hinsichtlich der verschenkten Anteile nichts im Wege steht. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn die verschenkten Anteile eine angemessen (proportionale) Beteiligung an den stillen Reserven, also an einem etwaigen Liquidationserlös, vermitteln. Eine durch die Rechtsprechung gesicherte Basis für derartige Gestaltungen besteht allerdings bislang nicht.