Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Haftung für Steuerhinterziehungen des Erblassers
Rz. 29
Gibt der Testamentsvollstrecker bei einer festgestellten Unrichtigkeit in früheren Steuererklärungen des Erblassers keine Berichtigung nach §§ 153 Abs. 1 S. 2, 34 AO ab, kann er sich der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO oder einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO schuldig machen. Den Testamentsvollstrecker trifft dann die persönliche Haftung für die vom Erblasser hinterzogenen Steuern nach § 71 AO.
Praxistipp
Besondere Haftungsgefahren bestehen für den Testamentsvollstrecker, der eine Berichtigungserklärung unterlassen hat, wenn sich herausstellt, dass der Erblasser eine Steuerstraftat begangen hat. Nach § 169 Abs. 2 AO verlängert sich die Frist für die Steuerfestsetzung auf zehn Jahre, für die die hinterzogenen Steuer nachzuzahlen und gemäß §§ 235, 238 AO mit 0,5 % pro angefangenem Monat (also 6 % p.a.) zu verzinsen ist. Darüber hinaus eröffnet sich für das Finanzamt aufgrund eines nicht aufklärbaren Sachverhaltes gemäß § 162 AO die Möglichkeit zu einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, die erfahrungsgemäß im Zweifel auch nicht zugunsten des Steuerpflichtigen ausfällt. Das Finanzamt hat zwar im Rahmen des § 71 AO ein Auswahlermessen, weil die Erben Steuerschuldner bleiben, bei mehrgliedrigen Erbengemeinschaften mit möglicherweise im Ausland lebenden Mitgliedern wird das Auswahlermessen aber sehr schnell auf die Inanspruchnahme des Testamentsvollstreckers reduziert.
II. Haftung als Vermögensverwalter oder Verfügungsbefugter
Rz. 30
Die Haftung des Testamentsvollstreckers mit seinem eigenen Vermögen für fremde, also regelmäßig den Erben treffende Steuerschulden setzt voraus, dass der Testamentsvollstrecker ihn treffende steuerliche Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Die Haftung umfasst auch die Säumniszuschläge gemäß § 240 AO für den Fall verspäteter Zahlung. Diese in § 34 AO geregelte Haftung knüpft an die Stellung des Testamentsvollstreckers als Vermögensverwalter an und erfasst damit die regelmäßige Aufgabenstellung des Testamentsvollstreckers. An den Haftungstatbestand als Verfügungsberechtigter nach § 35 AO wird angeknüpft, wenn der Testamentsvollstrecker in Anspruch genommen werden soll aus steuerlichen Tatbeständen, die sich aus einer Betriebsfortführung im Rahmen der Treuhänderlösung ergeben.
III. Haftung für die Erbschaftsteuer
Rz. 31
Für den regelmäßig im Rahmen der Testamentsvollstreckung vorkommenden Fall der Erbschaftsteuer haftet der Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht persönlich. Verletzt er jedoch grob fahrlässig oder gar vorsätzlich die ihm nach § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG obliegende Pflicht, für die Zahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, und kann deshalb die Steuer nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden, haftet der Testamentsvollstrecker nach § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 3 AO als Vermögensverwalter selbst für die nicht beizutreibende Steuer.
Praxishinweis
Die vorzeitige Auszahlung aus Mitteln der Erbschaft an die Erben, bevor die Zahlung der Erbschaftsteuer sichergestellt ist, wird allgemein als grob fahrlässig angesehen. Jedem Testamentsvollstrecker ist daher im eigenen Interesse zu raten, den Nachlass so lange nicht vollständig auszukehren, bis die Erbschaftsteuer festgesetzt und auch tatsächlich aus dem Nachlass bezahlt worden ist. Insoweit dürfte auch kein Versicherungsfall vorliegen.