Rz. 466
Wenn sich im Nachlass ein einzelkaufmännisches Handelsgeschäft befindet, so können Miterben dieses gemeinschaftlich weiterführen, ohne einen Vertrag über die Errichtung einer OHG schließen zu müssen (vgl. Rdn 172 ff.).
Rz. 467
Hat die Erbengemeinschaft das ererbte Unternehmen eines Einzelkaufmanns fortgeführt, so kann die Volljährigkeit eines minderjährigen Miterben ein wichtiger Grund dafür sein, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen zu können (§§ 2042, 749 Abs. 2 und 3 BGB). Das ist dann von Bedeutung, wenn die Miterben ein länger befristetes Kündigungsrecht haben oder wenn die Fortführung bis zu einem bestimmten, weiter entfernten Termin beschlossen wurde. Wird das Verlangen auf Auseinandersetzung nicht vom volljährig Gewordenen binnen dreier Monate nach Erreichen der Volljährigkeit gestellt, so greifen die gegen ihn gerichteten Vermutungen nach § 1629a Abs. 4 BGB ein, wenn er sich auf die Beschränkung seiner Haftung auf das zum Zeitpunkt des Volljährigwerdens vorhandene Vermögen beruft und wenn er geltend macht, es werde in Vermögen vollstreckt, das er nach Erreichen der Volljährigkeit erworben habe (siehe Rdn 453). Ein bloßes Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft, aber nur soweit diese das Handelsgeschäft betreibt, ist nicht möglich.
Rz. 468
Führt das Verlangen des volljährig Gewordenen nach Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft dazu, dass diese nach den Vorschriften des Gesetzes durchgeführt wird (§§ 2042, 752, 753 BGB), so kommt es zur einer Liquidation des einzelkaufmännischen Unternehmens nach den Regeln des Pfandverkaufs und zur Teilungsversteigerung von Grundstücken, also zu einer wenig wirtschaftlich sinnvollen Beendigung der kaufmännischen Tätigkeit. Das kann umso schmerzlicher sein, wenn wenig sinnvolle Motive den volljährig Gewordenen zum Verlangen auf Auseinandersetzung bewegen. Nach dem Sinn des § 1629a BGB (Minderjährigenhaftungsbeschränkung) kann der volljährig Gewordene auch dann die Beschränkung seiner Haftung auf das bei Volljährigkeit vorhandene Vermögen durchführen, wenn er durch Abtretung seines Erbteils (siehe Rdn 256 ff. und Rdn 324 ff.) aus der Erbengemeinschaft ausscheidet. Zur Übertragung des Erbteils auf einen Erwerber gemäß § 2033 BGB braucht der Minderjährige nicht die Zustimmung der Miterben; diese sind durch ihr Vorkaufrecht (§ 2034 BGB) geschützt. Auch durch Abschichtung analog § 738 BGB (siehe Rdn 324 ff.) kann der volljährig Gewordene aus der Erbengemeinschaft ausscheiden; dies geht aber nur einverständlich mit allen anderen Miterben. Aber auch bei diesem Vorgehen erhält der Minderjährige sich die Möglichkeit der Beschränkung seiner Haftung auf das bei Erreichen der Volljährigkeit vorhandene Vermögen nach § 1629a BGB.
Rz. 469
Hat der Minderjährige als Alleinerbe ein einzelkaufmännisch geführtes Unternehmen geerbt, so kann er es, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter, fortführen. Er bedarf dazu keiner familiengerichtlichen Genehmigung. Wird er volljährig, so kann er die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung nach § 1629a BGB herbeiführen, wenn er das Geschäft einstellt.
Rz. 470
Neben der Einstellung des Unternehmens durch Liquidierung kommt auch die Einstellung durch Übertragung des Unternehmens in Betracht, jedenfalls dann, wenn die alte Firma vom Erwerber nicht fortgeführt wird. Stets bleibt es empfehlenswert, ein privates Inventarverzeichnis über den am Tag der Volljährigkeit bestehenden Vermögensbestand zu errichten. So erleichtert er sich den Nachweis darüber, welches Aktivvermögen und welche Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Volljährigwerdens vorhanden waren (siehe Rdn 445).