Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 52
Schließlich sind nur solche Ansprüche erfasst, die sich auf Arbeitsentgelt beziehen. Schadensersatzansprüche für die Zeit nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, z.B. der Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung, fallen nicht unter die Regelung.
Rz. 53
Vom Insolvenzgeldanspruch umfasst ist der Bruttolohn sowie der Gesamtsozialversicherungsanspruch. Darin liegt die Motivation der Sozialversicherungsträger und der Finanzverwaltung begründet, frühzeitig einen Fremdantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Denn nur dann erhalten sie ihre Beiträge bzw. die Lohnsteuer aus dem Fonds für Insolvenzgeld vollständig erstattet. Insbesondere bei hohen Lohnsummen ist diese Praxis zu beobachten. Ist eine außergerichtliche Sanierung geplant, so muss mit diesen Beteiligten deshalb frühzeitig Kontakt aufgenommen und nach Möglichkeit eine Einigung herbeigeführt werden.
Von dem Bruttolohn werden die gesetzlichen Abzüge vorgenommen, von dem errechneten Nettolohn werden Ansprüche aus einer evtl. anderweitigen Beschäftigung abgezogen (§ 615 BGB).
Rz. 54
Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Insolvenzgeldvorschriften zählen grundsätzlich auch die Vergütung für Mehrarbeit, Überstunden, Nachtzuschläge, vermögenswirksame Leistungen, Tantiemen, Sachbezüge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Provisionen etc. (vgl. Insolvenzgeld-DA Nr. 7.2 Abs. 1 zu § 183 SGB III a.F.). Dies gilt allerdings nur insoweit, als diese Ansprüche während des maßgeblichen Bezugszeitraums entstanden sind. Überstunden aus Arbeitszeitkonten, die aus Zeiträumen davor herrühren, werden nicht durch das Insolvenzgeld abgedeckt, sondern bleiben einfache Insolvenzforderungen.
Abfindungen sind grundsätzlich nicht vom Insolvenzgeld gedeckt. Gleiches gilt für Urlaubsabgeltungen, vgl. § 166 Abs. 1 SGB III.
Einmalzahlungen wie Gewinnbeteiligungen oder Prämien, die quasi über ein ganzes Geschäftsjahr erarbeitet wurden, sind in aller Regel mit 3/12 – entsprechend dem Bezugszeitraum des Insolvenzgeldes – insolvenzgeldfähig. Gleiches gilt für andere Einmalzahlungen, wie etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld, wenn diese im Einzelfall als unterjährig erarbeitet und damit als Teil des Arbeitsentgelts angesehen werden können, nicht jedoch, wenn diese als stichtagsbezogene Leistung anzusehen sind. Im letzteren Fall wäre dann entscheidend, ob der Stichtag in den Insolvenzgeldzeitraum fällt oder nicht.
Die Klassifizierung der Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer bietet regelmäßig Anlass zu Auseinandersetzungen mit der Arbeitsverwaltung, weshalb vor voreiligen Aussagen zur Insolvenzgeldfähigkeit nur gewarnt werden kann.
Rz. 55
Dem Antrag sind die letzten drei Monatsgehaltsabrechnungen beizufügen. Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen hat das alte Management auszustellen, wenn nicht die Arbeitgeberfunktion auf den vorläufigen Verwalter übertragen wurde. Probleme praktischer Art bereiten dabei vor allem die Lohnabrechnungen im Baugewerbe. Deshalb achten die vorläufigen Verwalter darauf, dass ihnen nur die Befugnis Kündigungen auszusprechen übertragen wird, nicht aber die vollständige Arbeitgeberfunktion. Wurde dagegen ein sog. "starker" vorläufiger Verwalter bestellt, so ist dieser Schuldner der Leistung.