Rz. 18

Ohne gemeinsame Wohnung und ein Zusammenleben der Partner fehlt es an der "Annahme, dass weniger Kosten für die allgemeine Lebensführung, aber auch für das Wohnen aufgewendet werden müssen, als dies bei einem Einpersonenhaushalt zu erwarten ist". Für die Berücksichtigung eines entsprechenden Synergieeffektes fehlt damit die tatsächliche Grundlage.

Jedoch ist immer zu prüfen, ob sonstige Zuwendungen oder Vorteile beim Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind.

1. Grundsätze bei Zuwendungen Dritter an die Unterhaltsberechtigte

 

Rz. 19

Freiwillige Zuwendungen Dritter sind nur ausnahmsweise unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass freiwillige Zuwendungen Dritter nur dem Zuwendungsempfänger allein zugutekommen, sich aber auf ein Unterhaltsrechtsverhältnis nicht auswirken sollen.[20] Damit führt die freiwillige Zuwendung weder zu einer Erhöhung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Pflichtigen noch zu einer teilweisen Bedarfsdeckung beim Berechtigten.

Anders ist dies nur dann, wenn sich dem Willen des Zuwendenden Abweichendes entnehmen lässt. Fehlt es an einer ausdrücklichen Willensbestimmung des Zuwendenden, lässt sich ein entsprechender Wille üblicherweise aus den persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander erschließen.[21]

Leistungen eines Dritten an den Unterhaltsbeteiligten, die an sich geeignet wären, dessen Unterhalt zu decken, führen im Verhältnis zum Unterhaltsgegner folglich nur dann zu einer Verbesserung seiner finanziellen Situation, wenn der Dritte damit zugleich bezweckt, den Unterhaltsgegner zu entlasten. Geht sein Wille – wie regelmäßig – dagegen dahin, nur den Leistungsempfänger selbst zu unterstützen, berührt dies dessen finanziellen Situation im Verhältnis zum Unterhaltsgegner im Allgemeinen nicht.[22] Die Zuwendung erfolgt i.d.R. ausschließlich, um zusätzlicher Hilfe gegenüber dem Zuwendungsempfänger zu gewähren.

 

Rz. 20

 

Praxistipp:

In aller Regel ist davon auszugehen, dass der Dritte nur den Zuwendungsempfänger selbst unterstützen will.
Eine gegenteilige Wertung muss der Unterhaltsgegner, der daraus Rechte herleiten will, darlegen und ggf. beweisen.
Vorsorglich sollte jedoch im Verfahren dafür gesorgt werden, dass der Dritte einer Anrechnung widerspricht.
Wird der Dritte selbst auf Unterhalt in Anspruch genommen, kann er in keinem Fall seine freiwilligen Leistungen dem ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten entgegensetzen.[23]
Auch wenn freiwillige Leistungen nur den Empfänger der Leistung selbst unterstützen, nicht aber seine allgemeine unterhaltsrechtliche Situation verbessern sollen, kann bei Versorgung des Partners und Haushaltsführung in den vom Partner geleisteten Beiträgen und Zuwendungen mindestens zum Teil ein unterhaltsrechtlich anzurechnendes Entgelt für die Wohnungsgewährung, Haushaltsführung und sonstigen Versorgungsleistungen gewertet werden.[24]
Es ist also immer zu prüfen, ob nicht "freiwillige" Zuwendungen verdeckte Gegenleistungen z.B. für Haushaltsführung oder Pflege sind.[25]
[20] Dose in Wendl/Dose, 2019, § 1 Rn 708 m.w.N.
[21] Schürmann in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2020, Kap. 1 Rn 678.
[23] Dose in Wendl/Dose, 2019, § 1 Rn 708; OLG Braunschweig FamRZ 2014, 481, 482.
[24] BGH NJW 1980, 124. Born, NZFam 2014, 351.
[25] Schürmann in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2020, Kap. 1 Rn 678.

2. Direkte Geldleistungen an den Unterhaltspflichtigen

 

Rz. 21

Geldleistungen der neuen Partnerin an den Unterhaltspflichtigen werden ebenfalls als freiwillige Leistungen einer Dritten eingestuft.

 

Praxistipp:

Ein Unterhaltsgläubiger hat im Rahmen seiner prozessualen Wahrheitspflicht erhaltene Zuwendungen Dritter auch dann zu offenbaren, wenn er diese für unterhaltsrechtlich unbeachtlich hält.[26]
Denn in einem Unterhaltsrechtsstreit gebietet es die prozessuale Wahrheitspflicht, dass der Unterhaltsberechtigte alle für die Begründung seines Anspruchs erforderlichen Umstände offen legt und auch keine Umstände verschweigt, die geeignet wären, seine Bedürftigkeit in Frage zu stellen oder sonst den Anspruch beeinflussen.[27] Ein Unterhaltsgläubiger kann nicht einerseits über den Unterhalt "nacheheliche Solidarität" einfordern, sich selbst aber gegenüber dem dadurch erheblich belasteten Unterhaltsschuldner treuwidrig verhalten, indem er seine tatsächlichen Verhältnisse bewusst verschleiert.[28]
Werden die eigene Bedürftigkeit nachhaltig beeinflussende Umstände bewusst verschwiegen, kann gezahlter Unterhalt im Wege des Schadensersatzes zurückgefordert werden.[29]

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