Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 365
An den Inhalt der Änderungsmitteilung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Mitteilung muss eine für den Versicherungsnehmer nachvollziehbare Begründung enthalten, was sich seit dem ursprünglichen Anerkenntnis des Versicherers geändert hat und aus welchen Gründen die Leistungspflicht entfallen sein soll. Der Versicherungsnehmer muss aufgrund der Änderungsmitteilung abschätzen können, wie sein Prozessrisiko aussieht, wenn er die Leistungspflicht des Versicherers gerichtlich durchsetzen will. Die Mitteilung muss vor allem eine vergleichende Betrachtung der aus der Sicht des Versicherers maßgeblichen Umstände enthalten, die sich einerseits auf den Zeitpunkt des früheren Anerkenntnisses bezieht und andererseits auf den Zeitpunkt der Einstellung der Leistungspflicht. Dies ist für den Versicherer auch nicht unbillig, da er sich aufgrund der sehr weitreichenden Mitwirkungspflicht des Versicherten die erforderlichen konkreten und detaillierten Informationen, die er für eine Änderungsmitteilung benötigt, beschaffen kann.
Rz. 366
Naturgemäß ist jedoch die inhaltliche Richtigkeit der Ausführungen des Versicherers keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung; ebenso wenig die eines in Bezug genommenen Gutachtens. Der Versicherer muss lediglich aufzeigen, wovon er selbst ausgeht.
Rz. 367
Erforderlich ist grundsätzlich weiter, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der materiellen Anspruchsvoraussetzungen in der Änderungsmitteilung zutreffend angegeben wird. Hierbei soll jedoch bei allmählichen Veränderungen eine Abweichung von einem Monat unschädlich sein.
Rz. 368
Zu den Darlegungen in der Änderungsmitteilung, die nachvollziehbar sein müssen, gehören nicht nur die Verbesserung der gesundheitlichen Situation, sondern auch die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen für die Berufstätigkeit, also die Auswirkungen auf die beruflichen Tätigkeiten bzw. Möglichkeiten. Diesen Voraussetzungen entsprechen die Mitteilungen mitunter nicht.
a) Vergleich des Gesundheitszustands
Rz. 369
Inhaltlich nachvollziehbar ist die Änderungsmitteilung nur, wenn sie den früheren Gesundheitszustand, der zum Anerkenntnis führte, mit dem Gesundheitszustand vergleicht, der jetzt die Leistungspflicht entfallen lassen soll. Die Mitteilung muss deshalb erkennen lassen, was sich verbessert haben soll. Das Erfordernis der Aufzeigung eines konkreten Vergleichs gilt natürlich auch für evtl. neu erworbene Kenntnisse oder Fähigkeiten des Versicherten, auf die sich der Versicherer berufen will.
Beispiele
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Der Versicherte war zu 60 % berufsunfähig. Er wurde sodann an der Wirbelsäule operiert. Geraume Zeit danach teilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer mit: "Herr Dr. B. gab an, dass in der Zwischenzeit eine Besserung Ihres Gesundheitszustandes eingetreten ist. So können Sie jetzt Ihre Wirbelsäule in befriedigender Weise bewegen; sie entfaltet sich in allen Ebenen einwandfrei. Sie können wieder vollschichtig – mit kurzen Pausen – als Landwirt tätig sein. Der Grad Ihrer Berufsunfähigkeit beträgt 30 %. Die Voraussetzungen für unsere Leistungen sind deshalb nicht mehr gegeben …" Diesem Schreiben kann der Versicherungsnehmer nicht entnehmen, welche Verbesserungen tatsächlich an der Wirbelsäule gegenüber dem früheren Zustand eingetreten sein sollen und welche konkreten Auswirkungen die Operation auf die Berufsausübung gehabt hat. |
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Ein Versicherer teilt mit, ein ärztliches Gutachten bescheinige eine Berufsunfähigkeit von nur noch 30 %. Nach einem anderen Gutachten sei eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten. Außerdem wird auf "in dieser Form nicht mehr bestehende Einschränkungen" hingewiesen. Eine solche Mitteilung kann die gebotene Vergleichsbetrachtung nicht ersetzen. |
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Eine Änderungsmitteilung ist nicht nachvollziehbar, wenn dargelegt wird, der Versicherte könne "alle Tätigkeiten" als Rechtsanwalt wieder "in vollem Umfang" ausüben, obgleich seine Berufsfähigkeit weiterhin zu "10–15 %" beeinträchtigt sei. Außerdem ist nachvollziehbar darzulegen, wie die bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt konkret beschaffen war, zur Ausübung welcher (Teil-)Tätigkeiten der Versicherte damals aufgrund der gegebenen Gesundheitsstörungen "zu mehr als 50 %" nicht mehr in der Lage war, zur Ausübung welcher (Teil-)Tätigkeiten er im Vergleich dazu nunmehr, weil sich sein "Gesundheitszustand wesentlich gebessert" habe, wieder in der Lage ist und welche anwaltlichen (Teil-)Tätigkeiten er infolge der nach wie vor gegebenen 10–15 %igen Berufsunfähig... |