Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 315
Für die Leistungsklage auf regelmäßige Rentenzahlungen bestimmt § 9 ZPO grundsätzlich den 3,5-fachen Wert der jährlichen Rente zum Streitwert. Ein zusätzlicher Feststellungsantrag erhöht grundsätzlich den Streitwert. Liegt jedoch eine teilweise wirtschaftliche Identität der Begehren vor, erfolgt insoweit keine Streitwerterhöhung.
Rz. 316
Überschussanteile oder Dynamikerhöhungen, die in der Regel mit einem zusätzlichen Feststellungsantrag zu verfolgen sind, erhöhen den Streitwert, der nach §§ 3, 9 ZPO zu schätzen und um einen Abschlag von in der Regel 20 % zu verringern ist. Grundsätzlich gilt für isolierte Feststellungsklagen, dass ein Abschlag von 20 % zu machen, d.h. lediglich von einem Wert von 80 % des Streitwertes einer Leistungsklage auszugehen ist. Sofern der Versicherungsfall jedoch nicht behauptet und auch nicht zu erwarten ist, kann für eine Klage auf Feststellung des Fortbestands einer Berufsunfähigkeitsversicherung von einem Streitwert in Höhe von nur 20 % des 3,5-fachen Jahresleistungsbetrags auszugehen sein.
Rz. 317
Die Geltendmachung von rückständigen Leistungen erhöht nach allgemeinen Regeln den Streitwert um den Wert des bezifferten Zahlungsantrags. Bei einer auf wiederkehrende Leistung gerichteten Klage wirken jedoch erst nach Klageerhebung fällig werdenden Beträge nicht streitwert- oder beschwerdewerterhöhend, egal ob sie im Laufe des Verfahrens beziffert und/oder zum Gegenstand eines gesonderten Antrages gemacht werden oder nicht.
Rz. 318
Außerdem haben streitige Prämienzahlungen Einfluss auf den Streitwert. Hat der Versicherungsnehmer die Beiträge auch über den Zeitpunkt hinaus gezahlt hat, ab dem nach den Bedingungen die Leistungspflicht des Versicherers eintrat, ist also die Beitragsfreistellung ebenfalls streitgegenständlich und wird daher ein Rückzahlungs- oder Feststellungsantrag geltend gemacht, erhöht sich insoweit der Streitwert.
Rz. 319
Der Wert zur Feststellung der Beschwer für die Zulässigkeit der Berufung ist nicht zwingend identisch mit dem Streitwert. Bei einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines BUZ-Vertrages nach Anfechtung durch den Versicherer bemisst sich die Beschwer des unterliegenden Versicherungsnehmers auf 50 % des für eine Klage auf Leistung aus der Versicherung maßgeblichen Werts, wenn der Eintritt des Versicherungsfalls vom Versicherungsnehmer behauptet wird, jedoch ungeklärt ist, ob Berufsunfähigkeit besteht. Falls der Versicherungsfall nicht im Raum steht, entspricht die Beschwer 20 % des für eine Klage auf Leistung aus der Versicherung maßgeblichen Werts.
Rz. 320
Bei Abschluss eines Prozessvergleichs bleibt es bei dem ursprünglichen Streitwert, wenn durch den Vergleich (nur) die Ansprüche erledigt wurden, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren. In einem solchen Fall hat der Vergleich keinen Mehrwert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Abfindungsvergleich nie einen Mehrwert haben könnte. Es kommt vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen darauf an, ob auch nicht rechtshängige Ansprüche Gegenstand des Vergleichs sind und "miterledigt" werden. Der Wert eines Vergleichs richtet sich nicht danach, worauf sich die Parteien dem Wortlaut nach geeinigt haben, sondern worüber (materiell/inhaltlich) der Vergleich geschlossen wurde. Wenn in einem Vergleich eine Abgeltung durch Zahlung eines Kapitalbetrages vereinbart wird, kann dies freilich schwierig zu ermitteln sein.
Die Einigung der Parteien auf einen Vergleichsbetrag auf Grundlage einer kapitalisierten Rente führt nicht zur Erhöhung des Vergleichswertes, auch wenn der Zahlbetrag nominell höher ist als der (prozessuale) Streitwert. Es ist in einem solchen Fall tatsächlich nämlich keine über den Streitgegenstand hinausgehende Regelung zwischen den Parteien getroffen worden. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Anspruch auf Rentenzahlung oder auch ein Feststellungsanspruch nicht nur das Stammrecht, sondern alle daraus künftig erwachsenden Forderungsrechte, ungeachtet dessen, ob sie zum Zeitpunkt der Klage fällig sind oder nicht, zum Gegenstand hat. Die Zahlung einer Abfindung ist zwar etwas anderes als die vom Kläger geforderte Rente, sie stellt aber nur eine andere Art und Weise der Erfüllung der ohnehin streitgegenständlichen Rentenansprüche dar.
Rz. 321
Ein Mehrwert ist jedoch gegeben, wenn im Rahmen des Vergleichs die Beendigung der Versicherung geregelt wird; dieser ist grundsätzlich nach § 9 ZPO mit 20 % der 3,5-fachen Jahresleistungen (in der Regel Rente und Beitragsbefreiung), jedenfalls aber der begehrten Rente anzusetzen, es sei denn, die Klage war auch bereits auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages gerichtet.