Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 249
Soweit im Versicherungsvertrag nichts Anderes geregelt ist, richtet sich die Fälligkeit nach § 14 Abs. 1 VVG. Danach sind Geldleistungen des Versicherers fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfanges der Leistung notwendigen Erhebungen. Sind diese abgeschlossen und ist damit die Fälligkeit ausgelöst, ist der Versicherer zur Zahlung verpflichtet, auch für die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Leistungspflicht und dem Ende des Prüfungszeitraums. Die Prüfung, ob keine Möglichkeiten zum Rücktritt oder zur Anfechtung vorliegen, gehört in diesem Sinne ebenfalls zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, die der Versicherer vornehmen darf (vgl. dazu Rdn 378 ff.).
Rz. 250
Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht gemäß § 1 Abs. 3 MB BUV/BUZ 22 grundsätzlich mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Wird aber die Berufsunfähigkeit später als eine bestimmte in den AVB vorgegebene Anzahl von Monaten (so noch drei Monate gemäß Musterbedingungen 2013) nach ihrem Eintritt angezeigt, entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit Beginn des Monats der Mitteilung, es sei denn die verspätete Mitteilung war unverschuldet.
Rz. 251
Wird in den AVB eine Frist für die Anzeige der Berufsunfähigkeit bestimmt, enthält diese Klausel keine Leistungsbegrenzung in Form einer Ausschlussfrist. Eine Versäumung dieser Anzeigeobliegenheit hat zwar nicht den vollständigen Anspruchsverlust zur Folge; jedoch können Versicherungsleistungen dann erst mit dem Beginn des Anzeigemonats geltend gemacht werden. Durch die Fristversäumnis verliert der Versicherungsnehmer daher Ansprüche, die in der Zeit zwischen dem Ablauf des Monats, in dem Berufsunfähigkeit eingetreten ist, und dem Beginn des Anzeigemonats entstanden sind.
Rz. 252
Versäumt der Versicherungsnehmer diese Frist aber unverschuldet, kann sich der Versicherer nach Treu und Glauben nicht auf den Fristablauf berufen, auch wenn die Bedingungen dies nicht vorsehen.
Verschulden liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer in Ermangelung eigener medizinischer Kenntnisse nicht zu beurteilen vermag, ab wann keine Besserung seines Gesundheitszustandes mehr zu erwarten ist; er wird in der Regel erst durch Erklärungen eines Arztes derartige Kenntnisse erhalten. An einem Verschulden fehlt es auch dann, wenn der Versicherungsnehmer den die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit begründenden medizinischen Befund, z.B. ein Karzinom oder einen klinisch stummen Herzinfarkt, gar nicht erkennen konnte oder aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, eine Anzeige abzusetzen.
Rz. 253
Eine schuldhafte Versäumung der Frist zur Anzeige der Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte anhand der Umstände erkennen konnte, dass objektiv Berufsunfähigkeit eingetreten ist, beispielsweise bei längerfristiger Arbeitsunfähigkeit. Auch der Versicherungsnehmer, der zwar einen Antrag bei der gesetzlichen Rentenversicherung stellt, nicht aber einen entsprechenden Antrag bei dem privaten BUV/BUZ-Versicherer, wird in der Regel schuldhaft handeln; eine rückwirkende Leistungsverpflichtung des Versicherers kommt dann nicht in Betracht. Es wird vertreten, dass selbst bei leichter Fahrlässigkeit die Berufung des Versicherers auf die Fristversäumung im Einzelfall treuwidrig sein kann.
Rz. 254
Beweispflichtig für das Fehlen seines Verschuldens ist der Versicherungsnehmer.
Rz. 255
Der Anspruch auf eine Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente wegen einer höheren Pflegestufe entsteht ebenfalls nach § 1 Abs. 3 MB BUV/BUZ 22 frühestens mit Beginn des Monats, in dem die Erhöhung der Pflegestufe dem Versicherer mitgeteilt wird.
Rz. 256
Wird eine Leistungspflicht zu Unrecht endgültig und ernsthaft abgelehnt, tritt damit gemäß § 14 Abs. 1 VVG Fälligkeit der bis dahin zu zahlenden Rentenbeträge ein und zugleich Verzug i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Erfüllungsverweigerung). Außerdem bedarf es wegen § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB für den Verzugseintritts grundsätzlich keiner Mahnung, weil der Versicherer regelmäßig nach den AVB zur Leistung (monatlich) im Voraus verpflichtet ist. Zu beachten ist, dass mit Fälligkeit auch die Verjährung zu laufen beginnt (vgl. Rdn 259). Allerdings ist zu beachten, dass ein noch nicht entstandener Anspruch durch die Leistungsablehnung keinesfalls fällig wird.
Rz. 257
In die Versicherungsbedingungen aufgenommene Mitwirkungsobliegenheiten des Versicherungsnehmers beeinflussen regelmäßig die Fälligkeit des Anspruches auf die Versicherungsleistung, so z.B. die bedingungswidrige Weigerung des Versicherungsnehmers, an der Erstellung eines zur Feststellung der Berufsunfähigkeit erforderlichen Gutachtens mitzuwirken. Der Versicherer hat in einem solchen Fall nämlich keine Möglichkeit, seine Feststellungen abzuschließen.
Wichtig
Vorsicht ist bei einer vorschnellen Klageerhebung geboten. Ist die Versicherungsleistung im Zeitpunkt der Klageerhebun...