Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
Rz. 397
Bezüglich der Kenntnis des Versicherungsnehmers von gefahrerheblichen Umständen gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Behauptet der Versicherungsnehmer substantiiert, er habe die aufklärungsbedürftigen Tatsachen nicht gekannt, so muss der Versicherer die Kenntnis des Versicherungsnehmers von diesen Tatsachen beweisen.
Wichtig
Das schlichte Behaupten des Vergessens gefahrerheblicher Umstände reicht nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss vielmehr im Prozess nachvollziehbar vortragen, dass und warum er einen bestimmten Umstand vergessen hat.
Inwiefern dies glaubhaft ist, hängt im Einzelfall von einer Bewertung der Gesamtumstände ab. Hierbei ist insbesondere in die Waagschale zu werfen, wie lange die fraglichen Ereignisse her sind und wie bedeutsam sie waren. Gibt es dokumentierte ärztliche Unterlagen, die Beschwerden festhalten bzw. bestimmte Diagnosen, so wird sich der Versicherungsnehmer substantiiert dazu einlassen müssen, warum er gleichwohl keine Kenntnis hatte; er wird im Zweifel das hierdurch entstandene gewichtige Indiz zu widerlegen haben.
Rz. 398
Der Versicherungsnehmer kann aber auch dann, wenn Krankschreibungen wegen bestimmter Beschwerden bzw. Diagnosen vorlagen, durch Zeugnis seiner behandelnden Ärzte oder sonstige Indizien nachweisen, dass tatsächlich keine Erkrankung zugrunde lag, sondern dass die Krankschreibung vielmehr aus sachfremden Gründen, z.B. wegen Mobbing am Arbeitsplatz oder einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung erfolgte. Auch wenn ein Attest ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von Beschwerden liefert, kann diese Indizwirkung erschüttert werden. Es soll zudem durchaus vorkommen, dass ärztlicherseits Diagnosen festgehalten werden, die mit den Tatsachen nicht (völlig) übereinstimmen, um entsprechend (mehr) abrechnen zu können.