Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
I. Inhalt der Leistungspflicht
1. Dauer von Versicherungsschutz und Leistungspflicht
Rz. 233
Die BUV leistet gemäß § 172 Abs. 1 VVG für eine nach Versicherungsbeginn und während der vereinbarten Versicherungszeit eingetretene Berufsunfähigkeit. Demgemäß ist der Versicherer grundsätzlich nicht zur Leistung verpflichtet, wenn schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. vor der vereinbarten Versicherungszeit Berufsunfähigkeit vorlag. Auch die Musterbedingungen des GDV gewähren lediglich Leistungen bei Berufsunfähigkeit, die während der Dauer der Versicherung entsteht, d.h. während des Zeitraums, innerhalb dessen Versicherungsschutz besteht (§ 1 Abs. 1 MB BUV/BUZ 22).
Versicherungs- und Leistungsdauer müssen nicht identisch sein. Die Versicherungsdauer ist der Zeitraum, innerhalb dessen Versicherungsschutz besteht. Mit Leistungsdauer wird der Zeitraum bezeichnet, bis zu dessen Ablauf eine während der Versicherungsdauer anerkannte Leistung längstens erbracht wird.
Rz. 234
Grundsätzlich wäre auch eine Rückwärtsversicherung (§ 2 Abs. 1 VVG) denkbar, also die Vereinbarung eines Versicherungsschutzes, der vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses beginnt. Eine Rückwärtsversicherung ist statthaft, sofern der Eintritt der Berufsunfähigkeit in der Vergangenheit für beide Vertragspartner ungewiss wäre. In der BUV ist eine solche jedoch nicht häufig, zumal der Versicherer nicht leistungspflichtig ist, wenn der Versicherungsfall tatsächlich bereits eingetreten war und der Versicherungsnehmer bei Abgabe seiner Vertragserklärung hiervon Kenntnis hatte (§ 2 Abs. 2, S. 2 VVG).
Es liegt kein Fall der Rückwärtsversicherung vor, wenn in den AVB eine fiktive Rückwirkung eines die Berufsunfähigkeit begründenden Zustands geregelt wird.
Rz. 235
Die Leistungspflichten des Versicherers enden nach den AVB regelmäßig, wenn Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen nicht mehr vorliegt, die versicherte Person stirbt oder die vereinbarte Leistungsdauer abläuft (vgl. § 1 Abs. 4 MB BUV/BUZ 22).
Die Dauer bzw. das Ende der Leistungspflicht ergibt sich entweder aus der Laufzeit eines befristeten Anerkenntnisses (vgl. § 8 Abs. 2 MB BUV 22, § 5 Abs. 2 MB BUZ 22) oder ist im sog. Nachprüfungsverfahren zu ermitteln (vgl. § 9 MB BUV 22/§ 6 MB BUZ 22).
Rz. 236
Bei Entfallen der Voraussetzungen der Leistungspflicht im Nachprüfungsverfahren ist der Versicherungsfall zunächst beendet. Liegen erneut die Voraussetzungen der Leistungspflicht vor, so muss der Versicherungsnehmer einen neuen Leistungsantrag stellen. Dies gilt auch bei Verlust einer neu aufgenommenen leidensgerechten Arbeitsstelle (Verweisungstätigkeit).
Rz. 237
Die Leistungspflicht des Versicherers kann über die Laufzeit des Versicherungsvertragsverhältnisses hinaus andauern, sofern dies vereinbart wurde. Entsprechende Abreden sind auslegungsbedürftig. Eine Laufzeitangabe ist ohne einschränkenden Hinweis grundsätzlich so zu verstehen, dass zwar der Eintritt der Berufsunfähigkeit nach dem Ende der Versicherungsdauer keine Ansprüche mehr begründen kann, dass aber – sollte der Versicherungsfall während der Vertragslaufzeit eintreten – auch über die vereinbarte Versicherungszeit hinaus Leistungen erbracht werden. Sofern eine solche Regelung allerdings nicht vorliegen sollte, verstößt dies nicht gegen §§ 305 ff. BGB.
Beispiel
Die Angabe "Leistungsdauer BUZ 10 Jahre" im Versicherungsantrag ist so zu verstehen, dass bei Eintritt des Versicherungsfalls während der Vertragslaufzeit tatsächlich 10 Jahre lang geleistet wird, auch wenn die Vertragslaufzeit früher endet. Es hätte ansonsten eines ausdrücklichen Hinweises bedurft, dass die Leistungsdauer durch die Versicherungsdauer beschränkt sein und es sich bei der Angabe "Leistungsdauer 10 Jahre" um einen Maximalwert handeln soll.
Rz. 238
Wird in einem Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit BUZ eine Laufzeit angegeben, nicht aber für die Dauer der BUV, ergibt im Regelfall die Auslegung, dass die Laufzeiten für beide Vertragsteile übereinstimmen sollen.
Ist in einem Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit einer BUZ für die Dauer der Lebensversicherung eine Laufzeit bis zum 65. Lebensjahr angegeben, das Feld für die Dauer der BUZ aber nicht ausgefüllt worden und begrenzt dann die Police die Laufzeit der BUZ auf das 60. Lebensjahr des Versicherungsnehmers, gilt § 5 Abs. 2 VVG mit der Folge, dass Abweichungen vom Versicherungsantrag, die durch die Police erfolgen, nur dann verbindlich werden, wenn der Versicherer durch eine besondere schriftliche Mitteilung oder einen auffällig hervorgehobenen Vermerk auf diese Abweichung aufmerksam gemacht hat. Fehlt es daran, gilt der Inhalt des Versicherungsantrages als vereinbart, den der Versicherungsnehmer nur so verstehen konnte, dass auch die BUZ bis zum 65. Lebensjahr besteht.