Rebecca Vollmer, Dr. Wolfgang Dunkel
1. Folgen von Obliegenheitsverletzungen
Rz. 355
Obliegenheiten müssen in den AVB als solche geregelt werden, sie ergeben sich für die BUV/BUZ nicht aus dem Gesetz.
Rz. 356
Ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Nachprüfung wird regelmäßig in den AVB sanktioniert, so gemäß § 10 MB BUV 22 bzw. § 7 MB BUZ 22 bei Vorsatz mit völliger Leistungsfreiheit und bei grober Fahrlässigkeit mit einer Herabsetzung unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens. Allerdings steht dem Versicherungsnehmer der Gegenbeweis offen, dass weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit gegeben waren. In diesem Fall leistet der Versicherer in vollem Umfang. Auch bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt die Leistungsverpflichtung – mit Ausnahme von Arglist – in vollem Umfang bestehen, wenn die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht hat oder wenn die Folgen der Obliegenheitsverletzung nicht durch gesonderte Mitteilung in Textform mitgeteilt waren (vgl. § 28 Abs. 2–4 VVG).
Rz. 357
Eine Besonderheit besteht im Rahmen der BUV/BUZ dahingehend, dass Obliegenheitsverstöße im Bereich der Mitwirkungspflichten regelmäßig bedingungsgemäß nicht zu einer dauerhaften Nichtleistung des Versicherers führen. Vielmehr ist die Leistung gleichsam nur so lange suspendiert, bis den Obliegenheiten Folge geleistet wird, weswegen die Sanktionsfolgen hier praktisch keine besondere Relevanz haben.
Solange eine Mitwirkungsobliegenheit vom Versicherungsnehmer, von der versicherten Person oder dem Anspruchserhebenden nicht erfüllt wird, ist der Versicherer (lediglich) für die Dauer der Weigerung von der Verpflichtung zur Leistung frei. Wird die Mitwirkung zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt, muss der Versicherer nach § 10 MB BUV 22, § 7 MB BUZ 22 ab Beginn des laufenden Monats bedingungsgemäß leisten.
2. Anzeige gesundheitlicher oder beruflicher Änderungen
Rz. 358
Eine Minderung oder einen Wegfall der Berufsunfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit hat der Versicherungsnehmer ebenso wie die Wiederaufnahme bzw. eine Änderung der beruflichen Tätigkeit dem Versicherer gemäß § 9 Abs. 3 MB BUV 22 bzw. § 6 Abs. 3 MB BUZ 22 und vielen Bedingungswerken der Versicherer unverzüglich mitzuteilen. Nach dem Wortlaut der Bedingungen ist jede Minderung der Berufsunfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit und nicht nur ein Absinken unter 50 % anzuzeigen. Damit soll vermieden werden, dass dem Versicherungsnehmer eine Wertung über das Ausmaß des Absinkens abverlangt wird. Zudem hat der Versicherer auch ein Interesse daran, eigene Prüfungen zu veranlassen.
3. Auskunfts- und Untersuchungsrechte des Versicherers
Rz. 359
Der Versicherer kann auf seine Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und einmal jährlich eine umfassende Untersuchung der versicherten Person durch seine beauftragten Ärzte verlangen (vgl. § 9 Abs. 2 BUV 22/§ 6 Abs. 2 BUZ 22). Dazu gehört auch die Durchführung einer stationären Begutachtung des Versicherten. Außerdem gilt gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 MB BUV 22/§ 6 Abs. 2 S. 2 MB BUZ 22 die Regelung des § 7 Abs. 2 und 3 BUV 22 bzw. § 4 Abs. 2 und 3 MB BUZ 22 entsprechend, so dass der Versicherte Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Krankenanstalten sowie Pflegeheime, bei denen er in Behandlung oder in Pflege war oder sein wird, sowie Pflegepersonen, andere Personenversicherer und Behörden zu ermächtigen hat, dem Versicherer auf Verlangen Auskunft zu erteilen. In § 31 Abs. 1 S. 1 VVG wird bestimmt, dass der Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalles Auskünfte vom Versicherungsnehmer verlangen kann, soweit dies zur Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich ist. Steht fest, dass eine Berufsunfähigkeit fortbesteht, etwa weil eine unheilbare Erkrankung ohne Besserungsmöglichkeit vorliegt, können daher keine Auskünfte gefordert werden.
Hinweis
Der Versicherungsnehmer kann durch AVB dazu verpflichtet werden, sich im Nachprüfungsverfahren umfassend ärztlich untersuchen zu lassen.
Der Versicherungsnehmer ist nicht berechtigt, die Untersuchung durch den vom Versicherer benannten Arzt mit der Begründung abzulehnen, dieser sei "versicherungsfreundlich". Der Versicherungsnehmer darf auch seine Mitwirkung nicht mit der Begründung verweigern, die vom Versicherer für eine Untersuchung benannten Ärzte praktizierten nicht an seinem Wohnort, solange dem Versicherungsnehmer die Reise zumutbar ist, insbesondere weil die Kosten vom Versicherer zu tragen sind (siehe auch Rdn 247).
Rz. 360
Ist dies so nicht ausdrücklich vereinbart, so muss sich der Versicherte keinen vom Versicherer vorgegebenen Behandlungen oder Rehabilitationsmaßnahmen unterziehen. Der Versicherer darf den Versicherten dann nicht zu derartigen Maßnahmen anhalten oder auffordern; zu einer bloßen Informationserteilung über derartige Möglichkeiten ist der Versicherer jedoch berechtigt.
Rz. 361
Nach vielen neueren Bedingungswerken kann der Versicherer auch notwendige Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre...