Rz. 6

Wenn demnach festzuhalten ist, dass der Anwalt an dem Punkt, an dem ihm sein Mandant seine mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit offenbart, gehalten ist, diesen auf andere Wege der Finanzierung des angestrebten Gerichtsverfahrens hinzuweisen, so ist damit noch nichts darüber gesagt, welcher Weg hierfür der geeignetste ist. Neben der gewerblichen Prozessfinanzierung ist vor allem an die staatliche Prozesskostenhilfe bzw. an die Aufnahme eines Darlehens bei Banken oder Dritten zu denken. Die weitere Alternative einer Rechtsschutzversicherung ist selbstverständlich immer vom Anwalt abzuklären. Im Bereich des Erbrechtes wird aber für die gerichtliche Auseinandersetzung so gut wie nie Rechtsschutz gegeben sein, da hier der Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2g ARB 2010 eingreift. Im Folgenden sollen daher die wesentlichen Unterschiede der verbleibenden verschiedenen Finanzierungsformen dargestellt werden.

a) Prozessfinanzierung und staatliche Prozesskostenhilfe (PKH)

aa) Vorteile und Nachteile der PKH für den Mandanten

 

Rz. 7

Der auf der Hand liegende Vorteil der PKH liegt darin, dass der Kläger hier keine Gegenleistung in Form einer Erfolgsbeteiligung zu erbringen hat. Für die Gewährung von PKH verlangt § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg, die Klage darf darüber hinaus nicht mutwillig erscheinen. Letztlich genügt für die Gewährung von PKH ein schlüssiges Klagevorbringen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme darf nur bei Urkunden, nicht aber bei Zeugenaussagen antizipiert werden.[6]

 

Rz. 8

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erlangung einer Prozessfinanzierung bei einem der gewerblichen Anbieter ist die Darlegung überwiegender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage. Gewerbliche Prozessfinanzierer verstehen sich als Vorfinanzierungsunternehmen und beteiligen sich daher im Regelfall nicht an sogenannten "Spielbank-Fällen". Überwiegende Erfolgsaussichten werden bejaht, wenn eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 60 % oder mehr für die beabsichtigte Klage gegeben ist. Weiter muss dem Prozessfinanzierer vermittelt werden, dass etwaige titulierte Forderungen gegen den Gegner auch einbringlich sein werden, denn der Finanzierer erhält seine Erlösbeteiligung und die Rückerstattung verauslagter Beträge nur dann, wenn effektiv Gelder vom Gegner vereinnahmt werden können. Er trägt also das Bonitätsrisiko.

Wenn danach auch Prozesskostenhilfe theoretisch einfacher zu erlangen ist als eine Prozesskostenfinanzierung, so ist zugleich auch zu bedenken, dass die Prozesskostenhilfe die Kosten der gegnerischen Anwälte im Unterliegensfalle nicht umfasst. Im Falle des Unterliegens ist der Gebührenanspruch der gegnerischen Anwälte auch der Höhe nach nicht begrenzt. Bei hohen Streitwerten kann sich allein hieraus ein Nachteil für die Finanzierungsalternative Prozesskostenhilfe ergeben. Der Anwalt wird daher seinen Mandanten darauf hinzuweisen haben, dass dieser im Unterliegensfalle auch die Kosten der gegnerischen Anwälte voll zu tragen hat, weil die PKH diese Kosten nicht umfasst.

[6] Thomas/Putzo, § 114 Rn 4.

bb) Nachteile der PKH für den Anwalt

 

Rz. 9

Darüber hinaus hat die staatliche PKH auch nicht zu vernachlässigende Nachteile für den Anwalt. Zum einen sind nach § 49 RVG die Gebührenansprüche des beigeordneten Anwalts gegen seinen Mandanten ab einem Gegenstandswert über 30.000 EUR auf 447 EUR netto je Gebühr gedeckelt. Das soll laut Bundesverfassungsgericht auch bei extrem hohem Streitwert verfassungsgemäß sein.[7] Dies gilt selbst dann, wenn die Partei nachträglich, insbesondere auch durch den Prozessgewinn, in die Lage versetzt wird, die volle Rechtsanwaltsvergütung aufzubringen. Das bedeutet, dass der Anwalt auch bei einem Streitwert von 1.000.000 EUR nur dieselben Gebühren liquidieren kann wie bei einem Streitwert von 30.000 EUR. Dafür mutet der Gesetzgeber dem Anwalt auch in diesen Fällen das volle Haftungsrisiko zu.

Damit bestehen im Bereich der Prozesskostenhilfe für den Anwalt zwei gravierende Nachteile und dies bei vollem Haftungsrisiko. Der Anwalt, der auch als wirtschaftlich denkender Unternehmer am Rechtsverkehr teilnimmt, kann im Regelfalle daher eine Prozessvertretung auf Basis von PKH nicht als wirtschaftlich sinnvoll erachten. In den Zeiten leerer Kassen hier auf eine Verbesserung seitens des Gesetzgebers zu hoffen, dürfte sich als illusorisch erweisen.

 

Rz. 10

Dagegen kann nicht eingewandt werden, im Obsiegensfalle würde der Anwalt sein Honorar, berechnet nach der vollen Gebührenhöhe, vom Gegner erhalten (§ 126 Abs. 1 ZPO). Diesen Gebührenanspruch kann der Anwalt nämlich nur dann realisieren, wenn die Gegenpartei im Obsiegensfalle freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem obsiegenden Urteile tatsächlich auch zahlt. Anders ausgedrückt: Der Rechtsanwalt kann seine vollen Gebühren daher in den Fällen der Prozesskostenhilfe nur dann erhalten, wenn a) er den Prozess für seine Partei gewinnt und b) seine Gebühren vom Gegner auch beigetrieben werden können. Damit handelt es sich hierbei um einen gesetzlich geregelten Fall des Erfolgshonorars.[8]

 

Rz. 11

Wurde eine PKH mit Ratenzahlung bewilligt, so kann der Rechtsanwalt die Differenz zwischen PKH-Gebühren ...

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