Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Gegenstandswert
Rz. 6
Im gerichtlichen Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens richtet sich der Streitwert gem. § 54 Abs. 1 GKG nach dem gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Grundstückswert (Verkehrswert) und, wenn ein solcher nicht festgesetzt ist, nach dem Einheitswert (§ 54 Abs. 1 S. 2 GKG).
Rz. 7
Für die Anwaltsgebühren enthält § 26 RVG dagegen abweichende Regelungen, da das Interesse eines Beteiligten nicht mit dem Wert des gerichtlichen Verfahrens übereinstimmt. Der Gegenstandswert in der Teilungsversteigerung bestimmt sich für die Beteiligten nach § 26 Nr. 2 RVG. Auszugehen ist im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens von dem Wert des zu versteigernden Grundstücks (§ 26 Nr. 2, 1. Teils. RVG). Hiervon ist dann der Anteil zu ermitteln, der dem Miteigentumsanteil des jeweiligen Beteiligten entspricht (§ 26 Nr. 2, 2. Teils. RVG).
Rz. 8
Die Gegenstandswerte für die beteiligten Anwälte sind auf Antrag im Verfahren jeweils nach § 33 RVG gesondert festzusetzen.
Beispiel 1: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (I)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung des im jeweils hälftigen Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Hausgrundstücks. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist unbelastet.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt 200.000,00 EUR. Für die beteiligten Anwälte beträgt der Gegenstandswert ihrer Tätigkeit nach § 26 Nr. 2 RVG jedoch nur 100.000,00 EUR.
Beispiel 2: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (II)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung eines gemeinsamen Hausgrundstücks der geschiedenen Ehegatten. Die Ehefrau hat einen Miteigentumsanteil von 1/4 und der Ehemann von 3/4. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist unbelastet.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt wiederum 200.000,00 EUR. Für den Anwalt der geschiedenen Ehefrau beträgt der Gegenstandswert 50.000,00 EUR und für den Anwalt des geschiedenen Ehemannes 150.000,00 EUR.
Rz. 9
Belastungen des Grundstücks, etwa noch valutierende Grundschulden o.Ä., spielen keine Rolle, weil diese vom Versteigerer übernommen werden müssen und damit die Eheleute insoweit von ihren Verbindlichkeiten befreit werden.
Beispiel 3: Gegenstandswert Teilungsversteigerung (belastetes Grundstück)
Der Anwalt beantragt für die geschiedene Ehefrau die Teilungsversteigerung des im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Hausgrundstücks der geschiedenen Ehegatten. Der geschiedene Ehemann lässt sich ebenfalls anwaltlich vertreten. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 200.000,00 EUR und ist mit Grundschulden von 150.000,00 EUR belastet, die in Höhe von 100.000,00 EUR noch valutieren.
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt wiederum 200.000,00 EUR. Die Belastungen wirken nicht mindernd. Für die beteiligten Anwälte beträgt der Gegenstandswert ihrer Tätigkeit nach § 26 Nr. 2 RVG wiederum 100.000,00 EUR.
2. Die Gebühren
Rz. 10
Für die Tätigkeit im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens erhält der Anwalt nach Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV eine Verfahrensgebühr mit einem Gebührensatz von 0,4.
Beispiel 4: Antrag auf Teilungsversteigerung
Der Anwalt stellt für die Ehefrau den Antrag auf Versteigerung des gemeinsamen Grundstücks (jeweils 1/2-Miteigentumsanteil). Der Ehemann lässt sich in diesem Verfahren ebenfalls vertreten. Der Streitwert wird entsprechend dem Verkehrswert auf 200.000,00 EUR festgesetzt.
Im Versteigerungsverfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens (Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV) entsteht für beide Anwälte die 0,4-Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 VV. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich nach § 26 Nr. 2 RVG und beläuft sich jeweils auf 100.000,00 EUR.
1. |
0,4-Verfahrensgebühr, Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV |
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601,20 EUR |
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(Wert: 100.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
621,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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118,03 EUR |
Gesamt |
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739,23 EUR |
Rz. 11
Eine Ermäßigung der Gebühr bei vorzeitiger Erledigung ist nicht vorgesehen.
Beispiel 5: Antrag auf Teilungsversteigerung, vorzeitige Erledigung
Der Anwalt soll für die Ehefrau den Antrag auf Versteigerung des gemeinsamen Grundstücks stellen (jeweils 1/2-Miteigentumsanteil). Der Verkehrswert beträgt 200.000,00 EUR. Zur Antragseinreichung kommt es nicht mehr, da die Beteiligten sich über die Auseinandersetzung doch noch einigen.
Die vorzeitige Erledigung ändert an der Abrechnung nichts. Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 4.
Rz. 12
War der Anwalt bereits außergerichtlich hinsichtlich der Eigentumsauseinandersetzung tätig und hat er dort eine Geschäftsgebühr verdient, so ist diese gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Da allerdings nie mehr angerechnet werden kann, als der Anwalt im nachfo...