Rz. 15
Der Bedarf kann jedoch nicht höher sein als der, den die neKM hätte, wenn sie mit M verheiratet wäre (vgl. Fall 25, siehe § 5 Rdn 47). Deshalb ist für neKM ein fiktiver Ehegattenunterhalt zu berechnen.
BGH, Urt. v. 16.7.2008 – XII ZR 109/05
Obergrenze ist der Unterhaltsbetrag, der im Falle einer (gedachten) Ehe mit dem Kindsvater geschuldet wäre.
Zunächst hatte der BGH offen gelassen, ob eine Begrenzung des Bedarfs nach dem Halbteilungsgrundsatz geboten ist oder ob der Halbteilungsgrundsatz nur bei der Frage der Leistungsfähigkeit (eheangemessener Selbstbehalt) zu wahren ist.
BGH, Urt. v. 16.3.2016 – XII ZR 148/14 Tz. 21
Demnach kann auch offen bleiben, ob die Senatsrechtsprechung zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB im Wege des Halbteilungsgrundsatzes (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442) zu überprüfen ist und ob es sich hierbei um eine Frage des Bedarfs oder der Leistungsfähigkeit handelt.
Mittlerweile ist klar gestellt, dass der Halbteilungsgrundsatz bereits auf Bedarfsebene zu wahren ist.
BGH, Beschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 357/18 Rn 23
Das Oberlandesgericht hat weiter zu Recht darauf hingewiesen, dass der unterhaltsberechtigten Mutter aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen jedenfalls nicht mehr zur Verfügung stehen darf, als dem unterhaltspflichtigen Vater verbleibt, weshalb ihr Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung begrenzt ist (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442, 443 ff.).
Für die Berechnung des (hier nur fiktiven) Ehegattenunterhalts kann nicht – der Unterhaltsanspruch nach § 1615l entstand erst nach Rechtskraft der Scheidung – die Dreiteilungsmethode (gleichzeitige Bedarfsermittlung für M, F1 und neKM) herangezogen werden (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1). Der Unterhaltsanspruch bzw. Bedarf ist für jeden der konkurrierenden Unterhaltsansprüche auf Ehegattenunterhalt nach dem Halbteilungsgrundsatz zu ermitteln.
Bedarf von neKM im Falle einer gedachten Ehe:
aa) Bedarfsbestimmendes Einkommen des M in Bezug auf neKM (bei gedachter Ehe)
Rz. 16
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.000 EUR.
Vorweg ist der Kindesunterhalt für das Kind neK abzuziehen. Der Kindesunterhalt hat die gedachte Ehe von M und neKM geprägt.
Nach Abzug des Kindesunterhalts (s.o.) verbleiben 2.673,50 EUR (3.000 – 326,50 EUR).
Nunmehr kommt die Besonderheit, dass die Unterhaltspflicht des M gegenüber seiner ersten Frau F1 die (wiederum nur gedachten) ehelichen Lebensverhältnisse von M und neKM bereits geprägt hat. Deshalb ist auch die Unterhaltspflicht gegenüber F1 einkommensmindernd. Dieser Unterhaltsanspruch wurde oben – jedenfalls als rechnerisches Zwischenergebnis – mit 1.350 EUR ermittelt.
Danach beträgt das (fiktive) bedarfsbestimmende Einkommen des M im Verhältnis zu neKM: 1.323,50 EUR (3.000 – 326,50 – 1.350).
Der 10 %ige Erwerbstätigenbonus (132 EUR) ist noch abzuziehen.
Danach beträgt das bedarfsbestimmende Einkommen des M im Verhältnis zu neKM: 1.191,50 EUR (1.323,50 – 132 EUR).
bb) Bedarfsbestimmendes Einkommen der neKM (bei gedachter Ehe)
Rz. 17
Die neKM hat kein Einkommen.
cc) Halbteilung
Rz. 18
Der Bedarf betrüge – im Falle einer Ehe – somit nach dem Halbteilungsgrundsatz 596 EUR (1.191,50 × ½).
Der eben ermittelte Betrag von 596 EUR unterschreitet den Mindestbedarf. Deshalb ist der Mindestbedarf von 960 EUR anzusetzen.
SüdL
15. Unterhaltsbedarf
15.1 Die Bemessung des nachehelichen Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Bedarf des Ehegatten beträgt mindestens 960 EUR.
dd) Vergleich des Bedarfs der neKM nach ihrer Lebensstellung mit dem bei einer gedachten Ehe
Rz. 19
Nach allem kann als Zwischenergebnis festgestellt werden, dass der Bedarf der neKM in Höhe von 1.200 EUR die Obergrenze überschreiten würde. Maßgebend ist also der Bedarf nach der (fiktiven) Ehe. Dieser beträgt, wie ermittelt, 960 EUR (Mindestbedarf). Dieser Mindestbedarf wahrt auch die Untergrenze beim Anspruch nach § 1615l von 960 EUR.
SüdL
18. Ansprüche aus § 1615l BGB
Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 960 EUR. …