1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 4

Im Fallbeispiel wird davon ausgegangen, dass F1 unterhaltsberechtigt ist. Zu den möglichen Anspruchsgrundlagen vgl. Fall 16 (siehe § 3 Rdn 31).

2. Bedarf der F1

a) Bedarfsbestimmendes Einkommen des M in Bezug auf F1

aa) Vorwegabzug Kindesunterhalt?

 

Rz. 5

Nachdem es sich bei den 3.000 EUR bereits um das bereinigte Nettoeinkommen des M handelt, ist nur noch der Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu prüfen.

Hierbei ist zu beachten, dass der Unterhalt für das Kind aus der zweiten Beziehung des M mit neKM nur abgezogen werden kann, wenn neK noch vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde (vgl. Fälle 41 bis 48, siehe § 12 Rdn 1 ff. und Fall 49a, siehe Rdn 25 ff.).

 

Hinweis

Dies ändert nichts daran, dass der Kindesunterhalt im Falle beschränkter Leistungsfähigkeit vorrangig sein wird. Es geht beim anstehenden Prüfungspunkt nur um die Ermittlung des Einkommens des M, das für den Bedarf der F1 maßgebend ist.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

Das Fallbeispiel geht davon aus, dass das Kind neK nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde. Der Kindesunterhalt für neK hat somit nicht die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 geprägt. Deshalb ist der Kindesunterhalt neK bei der Bestimmung des Bedarfs von F1 nicht vorweg abzuziehen.

bb) Vorwegabzug des Unterhalts nach § 1615l für neKM?

 

Rz. 6

Auch der Unterhaltsanspruch der neKM hat die Ehe von M und F1 nicht geprägt und stellt deshalb keinen Abzugsposten dar (s.o.).

Somit ist das Einkommen des M nur noch um den Erwerbstätigenbonus zu kürzen.

Einkommen des M: 3.000 EUR

Erwerbstätigenbonus: 10 % aus 3.000 EUR = 300 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 3.000 – 300 EUR = 2.700 EUR

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1

 

Rz. 7

F1 hat tatsächlich kein Einkommen und kann bzw. muss im Fallbeispiel auch keines erzielen. Im Fallbeispiel ist deshalb auch kein fiktives Einkommen anzusetzen.

Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1: 0 EUR

c) Halbteilungsgrundsatz

 

Rz. 8

Es gilt der Grundsatz der Halbteilung zwischen M und F1.

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 2.700 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1: 0 EUR

Bedarf von F1: ½ von 2.700 EUR = 1.350 EUR

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 9

Nachdem F kein Eigeneinkommen hat, entspricht der eben ermittelte Bedarf auch der Höhe des Unterhalts von F1.

4. Leistungsfähigkeit des M

 

Rz. 10

Wenn M den Kindesunterhalt (326,50 EUR) und den Unterhalt für F1 in der ermittelten Höhe (1.350 EUR) leisten müsste, verblieben ihm 1.323,50 EUR (3.000 – 1.350 – 326,50 EUR).

Jedoch ist M auch der neKM unterhaltspflichtig.

Diese Unterhaltspflicht kann Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M haben.

 

§ 1581 Leistungsfähigkeit

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

Eine weitere Unterhaltspflicht kann eine sonstige Verpflichtung i.S.v. § 1581 sein.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09

Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unterhaltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berücksichtigt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit aber nicht an.

a) Kindesunterhalt als sonstige Verpflichtung

 

Rz. 11

Zunächst kann der Kindesunterhalt berücksichtigt werden. Die Frage, ob eine Herabstufung in die erste Einkommensgruppe zu erfolgen hat, kann hier zunächst dahinstehen.

b) Unterhalt nach § 1615l als sonstige Verpflichtung?

 

Rz. 12

Die neue Unterhaltsberechtigte muss also vorrangig oder zumindest gleichrangig sein.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09

Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09).

Da der Unterhaltsanspruch nach § 1615l immer Kinderbetreuung voraussetzt, hat die Mutter eines nichtehelichen Kindes immer den Rang nach § 1609 Nr. 2 und ist je nach Rang der (geschiedenen) Ehefrau zumindest gleichrangig.

 

§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe ...

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