Rz. 39

Verstößt eine Partei gegen die ihr so obliegende allgemeine Prozessförderungspflicht, kann das Gericht den Vortrag gem. § 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückweisen, d.h. als unbeachtlich behandeln, wenn es durch die Verspätung zu einer Verfahrensverzögerung kommen würde. Weist das Gericht den Vortrag als verspätet zurück, braucht es diesen verspäteten Vortrag nicht zu beachten. Dieser Vortrag ist dann für die erste Instanz verloren. Erfolgte die Präklusion (Zurückweisung als verspätet) rechtmäßig, ist der betreffende Sachverhaltsvortrag gem. § 531 Abs. 1 ZPO auch in der Rechtsmittelinstanz verloren. Dies ist regelmäßig eine mehr als unangenehme Situation für den Rechtsanwalt. Wenn nämlich der Prozess gerade wegen des nicht beachteten, zu späten Vortrags verloren wurde und der Rechtsanwalt die Verspätung zu vertreten hat, weil er beispielsweise die betreffenden Sachverhaltsinformationen rechtzeitig hatte, allerdings sein Vortrag nicht vollständig war, kann es im Einzelfall sein, dass sich der Anwalt gegenüber seinem Mandanten regresspflichtig gemacht hat. Wird der Vortrag in der ersten Instanz nicht als verspätet zurückgewiesen, konnte sich der Gegner hierauf jedoch wegen der Kürze der Zeit zwischen schriftsätzlichem Vortrag und mündlicher Verhandlung nicht mehr erklären, räumt ihm das Gericht auf entsprechenden Antrag, der in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist, einen sog. Schriftsatznachlass gem. § 283 S. 1 ZPO ein. Der während der Schriftsatznachlassfrist entsprechend vorgebrachte Vortrag ist vom Gericht zu beachten. Sollte noch Vortrag nach Ablauf der Schriftsatznachlassfrist gegenüber dem Gericht mitgeteilt werden, ist das Gericht zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, diesen Vortrag zu beachten, weswegen man aus anwaltlicher Sicht natürlich diese Frist unbedingt beachten muss.

 

Rz. 40

Zusätzlich zu der allgemeinen Prozessförderungspflicht, die bereits, wie dargelegt, zu einer Präklusion wegen Verspätung des Vortrags führen kann, sind erst recht ausdrücklich richterlich gesetzte Fristen für die Erklärung zu bestimmten Sachverhaltsbereichen zu beachten (§ 296 Abs. 1 ZPO). Wird hiergegen verstoßen, ist verspäteter Vortrag gem. § 296 Abs. 1 ZPO vom Gericht nur zuzulassen, wenn er nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder aber, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

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