a) Regelungen der EuErbVO
Rz. 50
Nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO bestimmt sich das Erbstatut nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. In vielen ausländischen Rechtsordnungen, die zum romanischen Rechtskreis gehören, ist das Vermächtnis kein schuldrechtlicher Anspruch, sondern ein dinglich wirkendes Recht – "Vindikationslegat". Aus diesem Grund sind die Vermächtnisse in das Europäische Nachlasszeugnis aufzunehmen. Fraglich ist, wie ein sich auf ein Grundstück beziehendes Vindikationslegat (dingliches Vermächtnis) einer anderen Rechtsordnung auf die konkrete Situation an einem deutschen Grundstück auswirkt.
Rz. 51
Hierzu enthält die EuErbVO einen Vorbehalt zugunsten der "lex rei sitae" (vgl. Art. 69 Abs. 5 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 lit. k und l, Art. 31 EuErbVO). Der EuGH hat mit seinem Urt. v. 12.10.2017 bezüglich eines in Deutschland belegenen Grundstücks eine neue rechtliche Situation geschaffen: Es bedarf nach dieser Rechtsprechung keiner Auflassung und Grundbucheintragung zur wirksamen Vermächtniserfüllung, wenn das anzuwendende Erbstatut an sich ein Vindikationslegat vorsieht. Folge der Anerkennung von Vindikationslegaten durch den EuGH ist, dass der Begünstigte eines Vindikationslegats nach Maßgabe der Vorschriften des fremden Erbrechts Eigentümer der deutschen Immobilie wird. Es handelt sich um dem deutschen Grundbuchrecht bislang unbekannte Erwerbstatbestände nach ausländischem Recht jenseits der rechtsgeschäftlichen Einzelrechtsnachfolge durch Einigung und Eintragung (§§ 873, 925 BGB) und jenseits des Erwerbs durch Gesamtrechtsnachfolge als Erbe/Miterbe. Da sich der Rechtserwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht, ist das Grundbuch infolge des Erwerbs unrichtig geworden. Die Eintragung des Begünstigten im Grundbuch hat deklaratorischen Charakter. Aus Art. 1 Buchst. l EuErbVO und Erwägungsgrund 19 ergibt sich insoweit zunächst, dass die Eintragung des Begünstigten nur nach den Regeln des deutschen Registerrechts möglich ist, d.h. nach den §§ 22, 35 GBO: Um dem Begünstigten überhaupt eine Eintragung ohne Auflassung zu ermöglichen, wird der Begriff der "Erbfolge" i.S.v. § 35 GBO zukünftig so zu interpretieren sein, dass er auch die Eintragung des nicht zum Erben berufenen Vindikationslegatars ermöglicht.
Zu Auswirkungen der EuErbVO siehe § 24 in diesem Buch.
b) Grundbuchberichtigung aufgrund eines dinglich wirkenden französischen Vindikationslegats
Rz. 52
Nach Inkrafttreten der EuErbVO ist das Grundbuchamt nicht mehr berechtigt, einem nachgewiesenen Vindikationslegat nach französischem Recht seine dingliche Wirkung abzusprechen.
Ein vom Legatar vorgelegtes Europäisches Nachlasszeugnis stellt grundsätzlich einen ausreichenden Unrichtigkeitsnachweis i.S.d. § 22 GBO dar, mit dem die Rechtsstellung belegt werden kann. Wie auch sonst bei nationalen Erbscheinen steht dem Grundbuchamt aber ein Prüfungsrecht zu, soweit Zweifel dies gebieten.