a) Der vorläufige Erbe
Rz. 309
Die Erbenstellung ist bis zur Annahme der Erbschaft nur vorläufig. Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt, §§ 1942 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB. Dann hat sich das Haftungsproblem für ihn erledigt, nicht aber für denjenigen, dem die Erbschaft an seiner Stelle anfällt, § 1953 Abs. 2 BGB.
Vor der Annahme der Erbschaft kann ein gegen den Nachlass gerichteter Anspruch gegen den Erben nicht geltend gemacht werden (§ 1958 BGB). Dies ist eine Prozessvoraussetzung und muss von Amts wegen beachtet werden (§§ 239 Abs. 5, 778, 779 ZPO). Das bedeutet, dass eine Klage gegen den Erben vor der Erbschaftsannahme unzulässig ist. Deshalb hat auch ein Kläger die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, wenn der beklagte Erbe nach Klagezustellung die Erbschaft ausschlägt.
Während dieses Schwebezustandes tritt auch trotz Mahnung kein Schuldnerverzug ein, § 286 BGB.
Merke
Eine Klage gegen den Erben vor Erbschaftsannahme ist unzulässig. In dieser Phase gibt es keinen Schuldnerverzug trotz Mahnung.
Rz. 310
§ 1958 BGB gilt aber nicht bei Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers (§ 2213 Abs. 2 BGB) und bei Anordnung der Nachlasspflegschaft (§ 1960 Abs. 3 BGB). Will ein Gläubiger eine Nachlassverbindlichkeit geltend machen, bevor der Erbe die Annahme erklärt hat, so muss er die Anordnung der Nachlasspflegschaft – in der Form der Klagepflegschaft (§ 1961 BGB) – beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. § 1958 BGB wirkt sich im Verfahren auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel in der Weise aus, dass vor Annahme der Erbschaft ein gegen den Erblasser gerichteter Titel nicht auf den Erben nach § 727 Abs. 1 ZPO umgeschrieben werden kann.
Die Regelungen zur Nachlasspflegschaft haben zum 1.1.2023 einige Änderungen erfahren. Es gibt jetzt eine "sonstige Pflegschaft", § 1915 BGB wurde aufgehoben. Zur Lückenausfüllung wird nicht mehr auf das Vormundschaftsrecht, sondern meist auf das Betreuungsrecht verwiesen. An die Stelle des Betreuungsgerichts tritt infolge der entsprechenden Anwendung das Nachlassgericht (§ 1962 BGB). Die Nachlasspflegschaft ist wie bisher eine "Nachlasssache" (§ 342 Abs. 1 Nr. 5 FamFG). Die örtliche Zuständigkeit regelt § 344 Abs. 4 FamFG, die Beteiligten § 7 bzw. § 345 Abs. 4 Nr. 1 FamFG.
b) Haftung nach Erbschaftsannahme
aa) Die Dreimonatseinrede
Rz. 311
Vgl. hierzu § 11 Rdn 351 ff.
Tenorierungs- bzw. Antrags-Beispiel zu § 2014 BGB
Für den Fall der ganzen oder teilweisen Stattgabe der Klage wird die Aufnahme zweier Vorbehalte nach § 305 und § 780 ZPO in den Urteilstenor des Inhalts beantragt, dass dem Beklagten die Geltendmachung seiner Rechte aus § 2014 BGB sowie die Beschränkung seiner Haftung jeweils für Hauptanspruch, Zinsen und Kosten auf den Nachlass des Erblassers (...) vorbehalten wird.
bb) Die Aufgebotseinrede
Rz. 312
Vgl. hierzu § 11 Rdn 351 ff.
Tenorierungs- bzw. Antrags-Beispiel zu § 2015 BGB
Für den Fall der ganzen oder teilweisen Stattgabe der Klage wird die Aufnahme zweier Vorbehalte gemäß § 305 und § 780 ZPO in den Urteilstenor des Inhalts beantragt, dass dem Beklagten die Geltendmachung seiner Rechte aus § 2015 BGB sowie die Beschränkung seiner Haftung jeweils für Hauptanspruch, Zinsen und Kosten auf den Nachlass des Erblassers (...) vorbehalten wird.