a) Übernahmerecht
aa) Übernahmerecht als Vorausvermächtnis
Rz. 121
Unter einem Übernahmerecht versteht man die Zuweisung eines bestimmten Nachlassgegenstands an einen Miterben mit der Bestimmung, dass dieser das Recht haben soll, den betreffenden Gegenstand zu übernehmen, und zwar entweder zum Verkehrswert oder zu einem vom Erblasser festgesetzten Übernahmepreis.
Das Übernahmerecht unterscheidet sich von der reinen Teilungsanordnung dadurch, dass der Miterbe beim Übernahmerecht nicht verpflichtet ist, den zugewandten Gegenstand zu übernehmen, sondern frei über eine eventuelle Übernahme entscheiden kann. Liegt der Übernahmepreis unter dem Verkehrswert, so dürfte i.d.R. ein Vorausvermächtnis anzunehmen sein. Auch wenn es sich um ein Vorausvermächtnis handelt, hat die Übertragung des zugewandten Grundstücks vor der Erbteilung zu erfolgen, weil auch das Vorausvermächtnis eine Nachlassverbindlichkeit nach § 1967 BGB ist, die noch vor der Erbauseinandersetzung zu erfüllen ist, § 2046 BGB.
Rz. 122
Probleme kann es geben, wenn sich die Differenz zwischen Verkehrswert und dem vom Erblasser festgelegten Übernahmepreis bis zum Eintritt des Erbfalls entscheidend ändert. Nach BGH ist in solchen Fällen eine Lösung nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu suchen.
Rz. 123
Zug-um-Zug-Leistungspflicht: Besteht materiellrechtlich keine Vorleistungspflicht auf Seiten einer Partei, so ist grundsätzlich Zug um Zug zu leisten. Dies hat auch prozessuale Konsequenzen: Um einer teilweisen Klageabweisung zu entgehen, die erfolgen würde, wenn unbedingte Verurteilung bei tatsächlich bestehender Zug-um-Zug-Leistungspflicht beantragt wird, und damit eine Kostentragungspflicht nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO zu vermeiden, muss der Kläger in solchen Fällen auf Erbringung der Leistung Zug um Zug gegen Zahlung klagen (vgl. dazu das Muster Rdn 126).
Rz. 124
Ist der Übernahmepreis Zug-um-Zug gegen Übertragung des Grundstücks zu erbringen, so macht dies in der Praxis gewisse Schwierigkeiten, weil der Eigentumserwerb ein gestreckter mehraktiger Tatbestand ist, der mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch endet. Um eine reine Vorleistungspflicht eines Vertragsteils zu vermeiden, ist zu empfehlen, dass eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wird. Erst nach deren ranggerechter Eintragung ist der Übernahmepreis zu zahlen. Danach erfolgen Auflassung und Eintragung (vgl. hierzu das Muster Rdn 125).
bb) Muster: Grundstücksübertragung gegen Zahlung des Übernahmepreises (Übernahmerecht als Vorausvermächtnis)
Rz. 125
Muster 15.10: Grundstücksübertragung gegen Zahlung des Übernahmepreises (Übernahmerecht als Vorausvermächtnis)
Muster 15.10: Grundstücksübertragung gegen Zahlung des Übernahmepreises (Übernahmerecht als Vorausvermächtnis)
_________________________ (Notarielle Urkundenformalien)
Anwesend sind
1. |
Herr _________________________ (Erbe) |
2. |
Herr _________________________ (Erbe und Vorausvermächtnisnehmer) |
Sie erklären mit der Bitte um notarielle Beurkundung:
Wir schließen folgenden
Vermächtniserfüllungsvertrag
I. Vorwort
1. Im Grundbuch des Amtsgerichts _________________________ für _________________________, Band _________________________, Heft _________________________, ist in Abt. I Nr. 1 Frau _________________________ als Alleineigentümerin des Grundstücks BV Nr. _________________________, Gemarkung _________________________, Flst. Nr. _________________________, Größe: _________________________, eingetragen. Das Grundstück ist nach Abt. II und Abt. III des Grundbuchs nicht belastet.
2. Frau _________________________ ist am _________________________ gestorben. Sie wurde nach dem Erbschein des Amtsgerichts – Nachlassgericht – _________________________ vom _________________________, Az. _________________________, von dem eine Ausfertigung heute vorliegt, je zur Hälfte beerbt von den beiden Anwesenden.
3. In ihrem privatschriftlichen Testament vom _________________________, das am _________________________ unter Az. _________________________ vom Amtsgericht – Nachlassgericht – _________________________ eröffnet wurde, hat Frau _________________________ unter Ziff. _________________________ angeordnet, dass der Erschienene Ziff. 2, Herr _________________________, das zuvor in Ziff. 1 näher bezeichnete Grundstück im Wege des Vorausvermächtnisses gegen Zahlung eines Übernahmepreises in Höhe von 75 % des Schätzungswerts des Städtischen Gutachterausschusses der Stadt _________________________ erhalten soll.
Je eine beglaubigte Abschrift des bezeichneten Testaments und des Testamentseröffnungsprotokolls vom _________________________ liegen heute ebenfalls vor.
Mit Schreiben vom _________________________ hat der Erschienene Ziff. 2 das ihm zugewandte Vermächtnis angenommen. Dieses Schreiben ist dem Erschienenen Ziff. 1 am _________________________ zugegangen. Er hat die Wirksamkeit des Testaments und insbesondere der Vermächtnisanordnung sowie der sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf den Erschienenen Ziff. 2 anerkannt. Dabei verbleibt es.
4. Der Gutachteraussc...