1. Anordnung des Vermächtnisses
Rz. 3
Das Vermächtnis kann durch Testament (§ 1939 BGB) oder Erbvertrag (§ 1941 BGB), im letzteren Falle vertragsmäßig (§ 2278 Abs. 2 BGB) oder einseitig, angeordnet werden, in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich, § 2270 Abs. 3 BGB.
Die Entstehung des Vermächtnisses regeln die §§ 2176 ff. BGB; vor dem Erbfall besteht lediglich eine Hoffnung, aber keine gesicherte Anwartschaft. Bezüglich der formalen Erfordernisse gilt formelles Testaments- bzw. Erbvertragsrecht.
Hierzu OLG Naumburg:
Zitat
"Der unterzeichnete und mit der Jahreszahl versehene schriftliche Vermerk des Erblassers auf einem Grundbuchauszug, in dem er erklärt, jemandem Grundstücksmiteigentum zuwenden zu wollen, kann sich als wirksames Vermächtnis darstellen, auch wenn daneben weitere letztwillige Verfügungen existieren."
2. Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB
Rz. 4
Wird einer Person ein bestimmter Anteil des Nachlasses zugewendet (als Bruchteil oder als Prozentsatz des Vermögens), so ist mit der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB – sofern kein anderer Erblasserwille vorrangig festzustellen ist –, also bei verbleibenden Zweifeln, davon auszugehen, dass der Zuwendungsempfänger als Erbe eingesetzt ist. Jedoch steht es dem Erblasser frei, dem Zuwendungsempfänger einen bestimmten Bruchteil des Nachlasswertes nach Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten als sog. Quotenvermächtnis zuzuwenden.
Rz. 5
Auslegungsregel: § 2087 Abs. 2 BGB; bestimmte Worte sind nicht erforderlich. Die Zuwendung eines bestimmten Gegenstandes ist i.d.R. Vermächtnisanordnung. Allerdings ist die Höhe des Vermächtnisses nicht beschränkt. Es kann auch den gesamten Nachlass aufzehren, so dass dem Erben nichts mehr verbleibt (sog. Universalvermächtnis). Das heißt: Die Auslegung eines Testaments im Sinne einer Erbeinsetzung setzt nicht notwendig voraus, dass dem Erben dem Wert nach der größte Teil des Nachlasses verbleibt. Beim Universalvermächtnis ist auch eine Drittbestimmung gem. § 2151 BGB möglich. Ergibt die Auslegung, dass der Erblasser praktisch die Verteilung seines gesamten zur Zeit der Testamentserrichtung vorhandenen Vermögens unter den bedachten Personen verfügt hat, so liegt – entgegen der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB – eine Erbeinsetzung vor. Die Zuwendung eines einzelnen Vermögensgegenstandes ist als Erbeinsetzung (zum Alleinerben) anzusehen, wenn dieser nach den Vorstellungen des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung die anderen Vermögensgegenstände an Wert so sehr übersteigt, dass anzunehmen ist, der Erblasser habe darin im Wesentlichen seinen Nachlass gesehen (naheliegend insbesondere dann, wenn ein Grundstück seinem Wert nach den wesentlichen Teil des Vermögens bildet). Allein die Bezeichnung einer Person als "Haupterbe" führt nicht dazu, dass alle anderen bedachten Personen lediglich Vermächtnisnehmer sind.
Rz. 6
Das BayObLG zur Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis, wenn 38 Personen mit den Nachlass erschöpfenden Geldbeträgen bedacht werden:
Zitat
Nach der Auslegungsregel des § 2087 BGB "ist eine Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser dem Bedachten sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens zuwendet, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Andererseits ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Bedachte Erbe sein soll, wenn ihm nur einzelne Gegenstände zugewendet werden, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist. Der Vorschrift kann entnommen werden, dass es auf die (fehlende) Bezeichnung als Erbe nicht entscheidend ankommt, vielmehr auf den Inhalt der Verfügung. Schon daraus ergibt sich, dass die Bezeichnung aller Bedachten als "Miterben" an einer Stelle des Testaments nicht ausschlaggebend sein kann. … Aus der Verteilung des gesamten Nachlasses auf insgesamt 38 Bedachte folgt jedoch noch nicht, dass alle bedachten Personen zu Erben eingesetzt sind, während den anderen lediglich Vermächtnisse zugewendet sind. Es liegt insbesondere nahe, eine Person, der der Hauptnachlassgegenstand zugewiesen ist, als Alleinerben anzusehen, und andere, die nur Gegenstände von geringem Wert erhalten sollen, als Vermächtnisnehmer".
Rz. 7
Die Zuwendung einzelner Nachlassgegenstände spricht nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB zwar für eine Vermächtnisanordnung, diese Auslegungsregel ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn sich ein abweichender Wille des Erblassers feststellen lässt. Ein solcher abweichender Wille des Erblassers liegt in der Regel nahe, wenn die zugewendeten Vermögensbestandteile das im Testament nicht weiter genannte Vermögen an Wert erheblich übertreffen, insbesondere wenn angenommen werden kann, der Erblasser habe in diesen Gegenständen – wie dies gerade bei Immobilienvermögen häufig der Fall ist – im Wesentlichen seinen Nachlass erblickt. Für die Feststellung, in welchem Verhältnis der Wert des zugewendeten Gegenstands zum übrigen Vermögen des Erblassers steht, sind insoweit, also hinsichtlich der Frage ei...