1. Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit
Rz. 209
Nicht selten ist die vermächtnisweise Zuwendung eines dinglichen Wohnungsrechts an einer Wohnung zugunsten des überlebenden Ehegatten bzw. zugunsten unverheirateter oder behinderter Kinder. Dingliches Wohnungsrecht einerseits und Mietverhältnis andererseits sind rechtlich voneinander verschieden. Rechtsgrund für das Wohnungsrecht ist bei seiner vermächtnisweisen Zuwendung das sich aus dem Vermächtnis ergebende schuldrechtliche Rechtsverhältnis und nicht ein etwa zusätzlich abgeschlossener Mietvertrag über die von dem dinglichen Recht erfasste Wohnung. Die Kündigung des Mietverhältnisses berührt das dingliche Wohnungsrecht grundsätzlich nicht.
Rz. 210
Das Wohnungsrecht ist eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1093 BGB). Für seine Eintragung im Grundbuch ist die dingliche Einigung nach § 873 BGB erforderlich. Die Eintragungsbewilligung ist in der Form des § 29 GBO abzugeben, der Eintragungsantrag kann vom Wohnungsberechtigten formlos gestellt werden (§ 13 GBO). Die Voreintragung des Erben als Grundstückseigentümer im Grundbuch ist erforderlich (§ 39 GBO).
Statt des dinglichen Wohnungsrechts kann der Erblasser auch ein schuldrechtliches Wohnrecht einräumen.
2. Muster: Vereinbarung zur Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts
Rz. 211
Muster 15.22: Vereinbarung zur Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts
Muster 15.22: Vereinbarung zur Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts
Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts
I.
Die Unterzeichneten sind Geschwister. Ihr Vater, Herr _________________________, ist am _________________________ in _________________________ gestorben. Dem Unterzeichneten, Herrn _________________________, wurde im Wege des Vorausvermächtnisses das Alleineigentum an dem Gebäudegrundstück _________________________ zugewandt. Gleichzeitig wurde der Unterzeichneten, der Schwester des Vorausvermächtnisnehmers, Frau _________________________, das Wohnungsrecht an der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und WC und einem Abstellraum im Untergeschoss, auf Lebenszeit ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Gegenleistung eingeräumt.
II.
In Erfüllung dieser Vermächtnisverpflichtung bestellt Herr _________________________ seiner Schwester, Frau _________________________, hiermit an der bezeichneten Wohnung und zu Lasten des bezeichneten Gebäudegrundstücks das lebenslange Wohnungsrecht mit dem Inhalt des § 1093 BGB.
Herr _________________________ wird die nach § 19 GBO erforderliche Eintragungsbewilligung in notariell beglaubigter Form abgeben; die Antragstellung wird der Wohnungsberechtigten überlassen.
Die Unterzeichneten sind sich über die Bestellung des Wohnungsrechts einig. Die Kosten der Wohnungsrechtsbestellung und ihres Vollzugs trägt _________________________.
Die Wohnungsberechtigte ist _________________________ Jahre alt; der Jahreswert des Wohnungsrechts beträgt _________________________ EUR.
(Grundstückseigentümer)
(Wohnungsberechtigte)
Rz. 212
Die Angabe des Alters des Wohnungsberechtigten und des Jahreswerts des Wohnungsrechts ist erforderlich, damit das Grundbuchamt den Gegenstandswert und die Gebühren ermitteln kann, § 52 GNotKG.
3. Klageweise Durchsetzung der Wohnungsrechtsbestellung
Rz. 213
Erfüllt der Grundstückseigentümer den Vermächtnisanspruch des Wohnungsberechtigten nicht freiwillig, so ist er
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auf Abgabe der Einigungserklärung nach § 873 BGB und |
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auf Abgabe der Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO sowie |
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zur Besitzeinräumung an den betreffenden Räumlichkeiten |
zu verklagen; mit Rechtskraft des Urteils gelten die Willenserklärungen als abgegeben, § 894 ZPO. Die Ausschlagung der Erbschaft durch den vom Vermächtnisnehmer in Anspruch genommenen Erben stellt ein Erledigungsereignis i.S.v. § 91a ZPO dar. Zwar ist der Vermächtnisnehmer noch nicht dinglicher Wohnungsberechtigter, trotzdem kann er gem. § 259 ZPO schon jetzt die Besitzeinräumung an der Wohnung geltend machen, wenn zu besorgen ist, dass sich der Erbe der rechtzeitigen Besitzeinräumung entziehen wird.
Rz. 214
Da die Wohnungsrechtsbestellung materiellrechtlich keiner besonderen Form bedarf, kann das Urteil dem Grundbuchamt mit dem entsprechenden Eintragungsantrag vorgelegt werden. Es ist darauf zu achten, dass die grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung nach § 19 GBO sofort in den Klageantrag und damit in das Urteil aufgenommen wird.
Auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 ZPO) können die dingliche Einigung nach § 873 BGB und die Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO erklärt werden.
Rz. 215
Hinweis
Die Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO sollte nicht vergessen werden. Andernfalls wäre noch eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung des Grundstückseigentümers (= Beklagter) erforderlich. Und diese würde weitere Kosten verursachen.
4. Abgabe der dinglichen Einigungserklärung durch den Erblasser
a) Aufnahme der dinglichen Einigungserklärung des Erblassers in notarielle Urkunde
Rz. 216
Beim Vermächtnis über dingliche Rechte an Grundstücken, wie Nießbrauch oder Wohnungsrecht, kann die zu ihrer Entstehung konstitutiv erf...