Rz. 234
Bei einem Geldvermächtnis kommt zur Beschleunigung der Sache eine Klage im Urkundenprozess nach §§ 592 ff. ZPO in Betracht. Das Vermächtnis muss immer auf einer Verfügung von Todes wegen beruhen, insofern liegt immer eine Urkunde vor, und zwar gleichgültig ob als notarielles oder privatschriftliches Testament. Lediglich die Beweiskraft ist unterschiedlich: § 415 ZPO beim notariell beurkundeten Testament, § 416 ZPO bzw. § 440 ZPO beim handschriftlichen Testament.
Rz. 235
Zur Beweiskraft eines notariellen Testaments führt das BayObLG aus:
Zitat
Die über die Errichtung des Testaments aufgenommene notarielle Urkunde ist eine öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 ZPO. In der Frage, ob der Tatbestand einer Testamentserrichtung durch mündliche Erklärung gemäß § 2232 S. 1 BGB vorliegt, ist daher von der Beweiskraft der öffentlichen Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 ZPO auszugehen … Erforderlich ist der Nachweis der Unrichtigkeit; das bloße Erwecken von Zweifeln reicht nicht aus. Der Richter ist durch die Anordnung des vollen Beweises (§ 415 Abs. 1 ZPO) gehindert, vorhandenen Zweifeln an der formalen Richtigkeit des Urkundeninhalts Raum zu geben … Die öffentliche Beurkundung besteht solange zu Recht, bis durch die etwa mögliche Aufklärung des Verlaufs der Verhandlung ihre Unrichtigkeit zur Gewissheit wird … Die gesetzliche Vermutung des § 415 Abs. 1 ZPO ist nicht widerlegt, solange nicht alle Möglichkeiten ausgeräumt sind, die irgendwie für die Richtigkeit des Inhalts der Urkunde sprechen …
Die Vorinstanzen haben … eine freie Beweiswürdigung des Ergebnisses der Vernehmung des Notars und der Schreibzeugin vorgenommen, ohne zu beachten, dass ihnen dies durch die gesetzliche Beweisregel des § 415 Abs. 1 ZPO verwehrt war …
Rz. 236
Als weitere Urkunde ist aber noch die Niederschrift des Nachlassgerichts über die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen vorzulegen, darin enthalten ist gleichzeitig der Nachweis über den Tod des Erblassers, häufig auch der Nachweis über die Annahme der Erbschaft durch den Erben und des Vermächtnisses durch den Vermächtnisnehmer.
Rz. 237
Im Urkundenprozess kann der Beklagte rechtsvernichtende Einwendungen gegen die eingeklagte Forderung mit einer Niederschrift über richterliche Zeugenvernehmungen urkundlich belegen.
Rz. 238
Zur Widerklage in der Form des Urkundenprozesses gegen eine "ordentliche" Klage: Nach BGH kann eine Widerklage auch in der Form des Urkundenprozesses gegen eine ordentliche Klage erhoben werden. Dieser prozessualen Befugnis steht nicht entgegen, dass in den Vorschriften über den Urkundenprozess nur die Klage und der Kläger angesprochen werden (§§ 593, 596, 597 ZPO), denn die Widerklage findet keine eigenständige Regelung in der ZPO.