Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 29
Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis stellt eine erleichterte Form der Zustellung dar. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber in § 173 Abs. 2 ZPO auch den ausschließlichen Personenkreis genannt, an den gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden kann. Die Partei ist in § 173 Abs. 2 ZPO ausdrücklich nicht genannt. Hier ist auch nicht zu erwarten, dass die Partei ein Empfangsbekenntnis, das ja möglicherweise den Fristenlauf in Gang setzt, freiwillig zurücksendet. Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist damit eindeutig zu unterscheiden von einer Zustellung gegen Postzustellungsurkunde (§ 168 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 33 Postgesetz). Erfolgt eine Zustellung gegen Postzustellungsurkunde, gilt das vom Zustellungsbeamten auf dem (gelben) Umschlag aufgebrachte Zustellungsdatum. Ob dieser gelbe Briefumschlag jemals vom Empfänger geöffnet und der Inhalt zur Kenntnis genommen wird, ist für den Lauf der Fristen völlig irrelevant. Anders bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis. Hier kommt es gerade (erst einmal) nicht auf den Eingang an, siehe dazu auch Rdn 91 in diesem Kapitel.
Rz. 30
§ 173 Abs. 3 S. 1 ZPO regelt, dass die elektronische Zustellung an die in Abs. 2 Genannten, somit u.a. Rechtsanwälte, durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen wird, das an das Gericht zu übermitteln ist. In der Kommentarliteratur wird zum Teil angenommen, dass die Regelung in § 173 Abs. 3 ZPO eine wirksame Zustellung nicht mehr, wie noch entsprechend des bis 31.12.2021 geltenden § 174 Abs. 4 ZPO anzunehmen war, von der Rücksendung des Empfangsbekenntnisses abhängig ist, da im neuen § 173 Abs. 3 ZPO der Wortlaut "Zustellung gegen Empfangsbekenntnis" fehlt, und hier lediglich noch von einem Nachweis der Zustellung die Rede ist. Nach Schultzky schließt daher eine fehlende Rücksendung des eEB die Wirksamkeit der Zustellung nach § 173 ZPO nicht aus, es fehle jedoch an einem entsprechenden Nachweis; zur Folge schweigt er jedoch. Die Auffassung, dass § 173 Abs. 3 ZPO nicht mehr eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis darstellt, ist u.E. abzulehnen. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 173 Abs. 3 ZPO hält der Gesetzgeber ausdrücklich fest, dass Abs. 3 S. 1 dem bisherigen § 174 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 S. 3 ZPO nachgebildet ist.
Rz. 31
Der Gesetzgeber wortwörtlich:
Zitat
"Die Neuformulierung beinhaltet keine Rechtsänderung. Sie regelt die "Zustellung gegen elektronisches Empfangsbekenntnis" als eigene Zustellungsart, mit der die Zustellung an die genannten Zustellungsadressaten weiterhin nachgewiesen wird."
Rz. 32
Im Weiteren heißt es dann auch:
Zitat
"Damit können elektronische Dokumente wie bisher gegen elektronisches Empfangsbekenntnis an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, an Notarinnen und Notare, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie Steuerberaterinnen und Steuerberater zugestellt werden…"
Rz. 33
In § 173 Abs. 3 S. 2 ZPO tauchen seit 1.1.2022 zusammengefasst die Regelungen des bis 31.12.2021 geltenden § 174 Abs. 4 S. 4 und 5 ZPO auf. Der Gesetzgeber verpflichtet die in § 173 Abs. 2 ZPO Genannten (u.a. Rechtsanwälte) dazu, ein elektronisch angefordertes Empfangsbekenntnis (eEB) zudem elektronisch zurückzusenden. Wird vom Gericht hierfür ein strukturierter Datensatz zur Verfügung gestellt, ist dieser nach Ausfüllen durch einfaches Klicken als zurücklaufender Datensatz zurückzusenden. Der Vorteil bei Verwendung eines solchen strukturierten Datensatzes ist, dass dieser zurücklaufende Datensatz unmittelbar dem zugestellten Dokument zugeordnet werden kann und damit eine manuelle Bedienung, wie z.B. bei einem Faxeingang (herausholen des EBs aus dem Faxgerät, lochen, Akte holen, abheften, Wiedervorlage eintragen, Akte zurücktragen), entfallen kann und im sog. e-workflow hierdurch, betrachtet man die Fülle an Empfangsbekenntnissen, die tagtäglich bei Gerichten aus- und eingehen, erhebliche Personalkosten gespart werden können. Aus diesem Grund sind Gerichte zuweilen auch in der Praxis sehr empfindlich, wenn von Anwälten diese Vorschrift nicht eingehalten wird. Aus Seminaren wurde von Seminarteilnehmern berichtet, dass im Einzelfall Richter sich bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer darüber beschwert hätten, wenn Anwälte diese elektronische Rückreichpflicht (§ 173 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 14 S. 1 BORA) nicht beachten würden, da sie dadurch die Abläufe bei Gericht behindern. Aus eigenen praktischen Erfahrungen ist den Verfassern solches nicht bekannt, was aber wohl auch daran liegt, dass die Verfasser derartige gesetzliche Vorschriften nicht missachten.
Rz. 34
Sofern das Gericht den Strukturdatensatz nicht zur Verfügung stellt, sondern vielmehr ein eEB z.B. als PDF-Dokument übermittelt, ist auch hier bei der Rücksendung zu beachten, dass dieses als elektronisches Dokument i.S.d. § 130a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 ZPO an das Gericht zurückzusenden ist.
Rz. 35
Es bleibt somit festzuhalten:
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Sofern das Gericht einen strukturierten Datensatz übermittelt, ist dieser strukturierte Datensatz durch den Anwalt bei de... |