Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 45
Der Gesetzgeber hat die Übermittlung und Zustellung elektronischer Dokumente an andere als die in Abs. 2 Genannten umfassend in § 173 Abs. 4 ZPO geregelt, der inhaltlich § 174 Abs. 3 S. 2 ZPO in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung entspricht. Rechtsanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher, Steuerberater und die sog. "Profinutzer", siehe Rdn 17 ff. in diesem Kapitel, sind somit von dieser Regelung nicht betroffen.
Rz. 46
An diese anderen Verfahrensbeteiligten kann elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg dann zugestellt werden, wenn sie der elektronischen Übermittlung in diesem Verfahren zugestimmt haben. Da § 173 Abs. 4 S. 1 ZPO von einer elektronischen Zustellung elektronischer Dokumente spricht und damit auf einen förmlichen Akt abgestellt wird, gilt dies erst recht bei der formlosen Übermittlung von elektronischen Dokumenten. Der Gesetzgeber selbst spricht dann auch in seiner Gesetzesbegründung immer wieder von "Übermittlungs- und Zustellungsvorgängen".
Rz. 47
Die Zustimmung hielt der Gesetzgeber deshalb für erforderlich, da durch dieses vorherige Tätigwerden der Empfangsperson dieser die Tragweite bewusst wird. Zu Recht führt der Gesetzgeber aus, dass bei der elektronischen Zustellung die Warnfunktion, die z.B. durch Aushändigung eines Briefumschlags bei körperlicher Zustellung vorhanden ist, fehlt. Nutzt ein Beteiligter i.S.d. § 173 Abs. 4 ZPO seinen eingerichteten sicheren Übermittlungsweg selbst, gilt die Zustimmung als erteilt. Juristische Personen, Personengruppen, Organisationen und Vereinigungen, die nicht zu den in § 173 Abs. 2 ZPO Genannten gehören, sollen gem. § 173 Abs. 4 S. 3 ZPO eine Generalzustimmung zur elektronischen Übermittlung erteilen können, da diese nicht im gleichen Maße schutzbedürftig sind wie natürliche Personen. Die Generalzustimmung könnte nach Ansicht der Verfasserin dadurch als erteilt gelten, wenn die Daten auf dem Briefkopf angegeben werden, die zur Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlich sind.
Rz. 48
Der Gesetzgeber hat zudem für die Zustellung in ein z.B. eBO oder OZG-Nutzerkonto, d.h. die Zustellung nach § 173 Abs. 4 ZPO, eine Zustellungsfiktion im Gesetz aufgenommen. Diese Zustellungsfiktion wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durchaus kontrovers diskutiert. Letztendlich stellt diese Zustellungsfiktion aber einen zeitlichen Vorteil, z.B. gegenüber einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde in den Hausbriefkasten, dar. Denn Zustellungsdatum ist bei Anwendung des § 173 Abs. 4 ZPO der dritte Tag nach dem auf der automatisierten Eingangsbestätigung ausgewiesenen Tag des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach. Dabei regelt § 173 Abs. 4 S. 5 ZPO, dass der Nachweis eines fehlenden oder späteren Zugangs möglich bleibt. Die Abgabe eines Empfangsbekenntnisses ist bei einer Zustellung gem. § 173 Abs. 4 ZPO somit nicht erforderlich und auch nicht vorgesehen.