Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
I. Allgemeine Ausführungen
Rz. 239
Die Zustellung im Parteibetrieb kann auch durch den Gerichtsvollzieher erfolgen, siehe dazu § 192 S. 1 ZPO. Bei Verfahren vor dem Amtsgericht kann die Partei den Gerichtsvollzieher durch die Geschäftsstelle des Prozessgerichts den Auftrag zur Zustellung erteilen (sog. Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge), § 192 S. 2 ZPO. Der Auftrag wird dann an den Gerichtsvollzieher weitergegeben, § 192 S. 3 ZPO. Zwar regelt § 191 ZPO, dass die Vorschriften über die Zustellung von Amts wegen entsprechende Anwendung finden, wenn eine Zustellung auf Betreiben der Parteien zugelassen oder vorgeschrieben ist. Dies gilt jedoch nur, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Vorschriften gem. §§ 192–195 ZPO Abweichungen ergeben. Abweichungen ergeben sich dabei insbesondere bei der Zustellung durch Gerichtsvollzieher an Anwälte; die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis scheidet hier aus.
Rz. 240
Die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum ERVV-Ausbaugesetz nochmals erheblich ergänzt, was u.a. auch auf eine Stellungnahme der Gerichtsvollzieher zurückzuführen ist.
II. Zustellung von Schriftstücken durch den Gerichtsvollzieher
Rz. 241
Mit dem Gesetz zum Ausbau des ERVV hat der Gesetzgeber § 193 ZPO, der die Zustellung von Schriftstücken durch den Gerichtsvollzieher regelt, an die Fortentwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs angepasst. Neu aufgenommen wurde hier die Möglichkeit, dass der Gerichtsvollzieher das als Schriftstück zuzustellende Dokument entweder in Papierform oder aber als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg erhält, § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO. Im Folgenden wird dann der vorzunehmende "Medienbruch" beschrieben, wenn der Gerichtsvollzieher das elektronisch erhaltene Dokument in ein Schriftstück umwandelt. § 193 Abs. 2 und 4 ZPO regelt dann die Beurkundung der Ausführung der Zustellung für beide Fälle.
Rz. 242
Zitat
§ 193 ZPO Zustellung von Schriftstücken
"(1) Soll ein Dokument als Schriftstück zugestellt werden, so übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument"
1. in Papierform zusammen mit den erforderlichen Abschriften oder
2. als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg.
Im Falle des Satzes 1 Nummer 1 beglaubigt der Gerichtsvollzieher die Abschriften; er kann fehlende Abschriften selbst herstellen. Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 fertigt der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften als Ausdrucke selbst und beglaubigt diese.
(2) Der Gerichtsvollzieher beurkundet im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf dem mit der Urschrift zu verbindenden hierfür vorgesehenen Formular die Ausführung der Zustellung nach § 182 Abs. 2 und vermerkt die Person, in deren Auftrag er zugestellt hat. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Gerichtsvollzieher die Beurkundung auf einem Ausdruck des zuzustellenden elektronischen Dokuments oder auf dem mit dem Ausdruck zu verbindenden hierfür vorgesehenen Formular vornimmt. Bei Zustellung durch Aufgabe zur Post ist das Datum und die Anschrift, unter der die Aufgabe erfolgte, zu vermerken.
(3) Der Gerichtsvollzieher vermerkt auf dem zu übergebenden Schriftstück den Tag der Zustellung, sofern er nicht eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde übergibt.
(4) Die Zustellungsurkunde ist der Partei zu übermitteln, für die zugestellt wurde.“
Rz. 243
Wichtig: § 193 ZPO regelt die Zustellung im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher mit dem Ziel, dass ein Schriftstück zugestellt werden soll. Erhält der Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument bereits in Papierform, soll der Auftraggeber dieses bereits mit den erforderlichen Abschriften (unbeglaubigt) übermitteln. Die Beglaubigungen werden dann vom Gerichtsvollzieher auf den zur Verfügung gestellten Abschriften vorgenommen. Für den Fall, dass das als Schriftstück zuzustellende Dokument in Papierform ohne die erforderlichen Abschriften übermittelt wird, erlaubt § 193 Abs. 1 S. 2 ZPO die Herstellung der fehlenden Abschriften durch den Gerichtsvollzieher. Da dies jedoch als "Kann-Vorschrift" ausgestaltet ist, besteht hierzu, zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes, keine Pflicht, sodass der Gerichtsvollzieher die entsprechenden Abschriften auch beim Auftraggeber anfordern kann.
Rz. 244
Wird dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg übersandt, fertigt der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften als Ausdrucke selbst und beglaubigt diese, § 193 Abs. 1 S. 3 ZPO. Diese Vorschrift scheint nach Ansicht der Verfasser jedoch missverständlich...