Rz. 35

Die Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) (mit Ausnahme der Leistungsbestimmungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, die erst zum 1.1.1999 durch das SGB III ersetzt wurden) wurden m.W.v. 1.1.1998 durch das SGB III abgelöst. Für Unfälle (vor allem Kinderunfälle und Spätschäden) vor dem 1.7.1983 gilt weiterhin § 127 AFG a.F.,[30] und zwar auch für Leistungen nach den Folgevorschriften des AFG im SGB III und SGB II, soweit Unfälle abzuwickeln sind, die sich vor dem 1.7.1983 ereigneten.

 

Rz. 36

Das bei § 127 AFG a.F. – wie bei § 1542 RVO – geltende Quotenvorrecht ist für Schadenfälle vor dem 1.7.1983 zu beachten.[31]

 

Rz. 37

Der Forderungsübergang auf die Arbeitsverwaltung erfolgte im Rahmen von § 127 AFG a.F. erst mit Bewilligung der Leistung. Nach der Rechtsprechung[32] zu § 127 AFG a.F. (vor dem 1.7.1983) bedeutete dieses, dass eine vom Geschädigten unterzeichnete Abfindungserklärung, die keinen Vorbehalt hinsichtlich des Verdienstausfalls enthielt, dazu führte, dass die Arbeitsverwaltung wegen ihrer Aufwendungen (insbesondere Umschulungskosten) dann keinen Regress beim Ersatzpflichtigen mehr nehmen konnte, wenn im Zeitpunkt des Abfindungsvertrags die Leistung noch nicht bewilligt war.

 

Rz. 38

 

Beispiel 16.1

AS (* 1963) erlitt durch einen Unfall am 30.6.1983 schwere Beinverletzungen. Im Jahre 2010 erkrankt der jetzt 47-jährige AS unfallbedingt und verliert seinen Arbeitsplatz. Ohne den Unfall hätte AS ein Nettoeinkommen von monatlich 2.000 EUR gehabt, die Arbeitsverwaltung zahlt seit dem 1.7.2010 Arbeitslosengeld (Bewilligungsbescheid v. 15.6.2010) in Höhe von 1.400 EUR und bewilligt am 14.12.2010 sodann eine Fortbildungsmaßnahme (Umschulung). Die Ansprüche (u.a. wegen Verdienstausfall) sind durch Abfindungsvergleich mit dem Geschädigten im Jahre 1995 abgefunden worden.

Ergebnis:

Mit der Abfindung der Direktansprüche auf Ersatz von Verdienstausfallschaden im Jahre 1995 sind auch die Ansprüche der Arbeitsverwaltung (einschließlich der zum Verdienstausfall kongruenten Umschulung) erledigt. Ein Forderungsübergang auf die Arbeitsverwaltung hätte frühestens mit Bewilligung von Arbeitslosengeld (Forderungswechsel am 15.6.2010) und hinsichtlich der Fortbildungsmaßnahme (Forderungswechsel am 14.12.2010) erfolgen können.

Abwandlung:

Eine Abfindung der Direktansprüche im August 2010 hätte den Regress wegen der Umschulungskosten verhindert, während das bis dahin bewilligte Arbeitslosengeld zu erstatten gewesen wäre.

[30] Becker/Böhme, 17. Aufl. 1989, S. 503 (Nr. 13).
[31] OLG Bamberg v. 12.12.1978 – 5 U 44/78 – r+s 1979, 150 = VersR 1979, 473 (Anm. Perkuhn VersR 1979, 1109).
[32] BGH v. 14.2.1984 – VI ZR 160/82 – DAR 1984, 289 = MDR 1984, 832 = VersR 1984, 482 = VRS 66, 440 = zfs 1984, 204 (nur Ls.); BGH v. 23.3.1982 – VI ZR 293/80 – BGHZ 83, 245 = DB 1982, 2457 = MDR 1982, 570 = NJW 1982, 1763 = r+s 1982, 122 = VersR 1982, 646 = VRS 63, 34 = zfs 1982, 140; OLG Frankfurt v. 3.2.1983 – 1 U 112/82 – r+s 1984, 84 = VersR 1984, 484 = VRS 66, 271 = zfs 1984, 104; OLG Hamm v. 14.6.1982 – 13 U 103/81 – VersR 1983, 1061 = zfs 1984, 12; OLG Köln v. 25.6.1981 – 18 U 249/80 – VersR 1982, 780 = zfs 1982, 297 (Kein Forderungsübergang nach Abfindungsvergleich mit dem Geschädigten, sofern nicht der Reha-Träger beweist, dass der Haftpflichtversicherer positive Kenntnis vom gesetzlichen Forderungsübergang gehabt hat. Hat der Rechtsübergang noch nicht einmal stattgefunden, ist die Bösgläubigkeit des Haftpflichtversicherers ebenso ausgeschlossen wie der Gedanke an eine böswillige Vereitelung eines allenfalls zukünftig und möglicherweise einmal erwachsenen Anspruchs auf Aufwendungsersatz für Reha-Maßnahmen zugunsten des Geschädigten.); OLG Köln v. 29.10.1980 – 13 U 98/80 – zfs 1981, 366; LG Koblenz v. 22.6.1987 – 5 O 73/87 – VersR 1988, 923 (Anm. Hartung VersR 1988, 1195).

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