Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
1. Unterschrift "für Rechtsanwalt (...), nach Diktat verreist"
Rz. 77
Zitat
"Mit dem Zusatz "für Rechtsanwalt (...), nach Diktat verreist" zu seiner Unterschrift unter die Revisionsbegründungsschrift übernimmt der unterzeichnende Rechtsanwalt nicht – wie für eine wirksame Revisionsbegründung erforderlich – die volle Verantwortung für deren Inhalt." (amtlicher Leitsatz)
Rz. 78
Nach Ansicht des OLG Hamm könne die Formulierung "für RA (…)" nach allgemeinem Sprachgebrauch nur so verstanden werden, dass der Unterzeichnende als Vertreter unterschrieben habe und die Verantwortung für den Inhalt gerade nicht übernehmen wolle. Diese Auffassung des OLG Hamm ist nicht richtig. Gerade die Unterzeichnung als Vertreter (anstelle von z.B. "i.A.") zeigt das Gegenteil.
Rz. 79
Der BGH hält dagegen:
Zitat
"Ein Rechtsanwalt, der einen bestimmenden Schriftsatz für einen anderer Rechtsanwalt mit Zusatz "für Rechtsanwalt XY" unterzeichnet, übernimmt mit seiner Unterschrift die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes. Das gilt auch dann, wenn der Zusatz lautet, "für Rechtsanwalt XY, nach Diktat verreist"."
Rz. 80
Nach Ansicht des BGH hätte der Zusatz "für Rechtsanwalt E" deutlich gemacht, dass Rechtsanwalt H (Unterzeichnender) als Unterbevollmächtigter für Rechtsanwalt E in Wahrnehmung des Mandats und damit eigenverantwortlich handelte. Ein Rechtsanwalt, der "für" einen anderen Rechtsanwalt eine Berufung begründet, gäbe zu erkennen, dass er als Unterbevollmächtigter tätig werden würde. Der Zusatz "nach Diktat verreist" würde diese Aussage des ersten Teils des Zusatzes nicht relativieren, sondern sei lediglich Erklärung dafür, dass der Verfasser der Begründungsschrift wegen seines Urlaubs diese nicht mehr selbst unterzeichnen konnte,
Zitat
"eine Einschränkung oder Zurücknahme der mit der ausdrücklich "für Rechtsanwalt E" geleisteten Unterschrift verbundenen Übernahme der Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes"
liege darin nicht. In dieser Entscheidung verwies der BGH im Übrigen auch darauf, dass der Zusatz "i.V." mit dem Zusatz "i.A." nicht vergleichbar ist.
Rz. 81
In der Gesamtschau kann aber ein solcher Zusatz "nach Diktat ortsabwesend" dennoch von einem Gericht für schädlich erachtet werden, wie auch die nachstehende Entscheidung zeigt!
2. Unterschrift "für RA'in XY, nach Diktat ortsabwesend"
Rz. 82
Zitat
"1. Unterzeichnet ein Rechtsanwalt aus der Kanzlei des mandatierten Wahlverteidigers am letzten Tag der Frist den von einer lediglich unterbevollmächtigten und nur "kooperierenden" Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in Untervollmacht diktierten und mit Verfahrensrügen versehenen Rechtsbeschwerdebegründung mit dem Zusatz "für RA'in XY, nach Diktat ortsabwesend" bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt an der Gestaltung dieser Rechtsmittelbegründung mitgewirkt und dafür die volle Verantwortung übernommen hat. Damit genügt die Begründung nicht den Anforderungen des § 79 Abs. 3 OWiG, § 345 Abs. 2 StPO." (amtlicher Leitsatz)
Rz. 83
Dass Gerichte manchmal sehr genau hinsehen, hat das OLG Rostock mit seiner obigen Entscheidung gezeigt. So berief sich das OLG Rostock in seinen Entscheidungsgründen, warum es die Unterschrift im obigen Fall für formunwirksam gehalten hatte, auch darauf, dass mehrere Schriftsätze der Vergangenheit bereits nicht vom Verteidiger selbst unterschrieben worden waren:
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Anzeige gegenüber Verwaltungsbehörde "pro abs" |
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von Rechtsanwältin G.-C. |
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Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsbehörde sowie auf eine Anfrage des Gerichts jeweils "für den nach den Diktat ortsabwesenden" Rechtsanwalt R durch Rechtsanwalt W |
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Aktenanforderung "für den krankheitsbedingt ortsabwesenden" Rechtsanwalt R (gleichwohl wurde dessen Diktatzeichen verwandt!) |
Rz. 84
Das OLG Rostock ging daher davon aus, dass allenfalls Rechtsanwalt R mit wesentlichen Details des Verfahrens vertraut war und im Übrigen "offenbar jeder in der Kanzlei gerade greifbare Rechtsanwalt bei Bedarf für den oftmals ortsabwesenden Wahlverteidiger die von diesem diktierten Schreiben unterzeichnet", hat, "ohne sich selbst näher mit dem Verfahren zu befassen." Interessant war hier zudem, dass das OLG Rostock zwar einräumte, dass die Rechtsbeschwerdebegründung keinerlei Distanzierungen oder Passagen enthielt, die erkennen ließen, dass die Unterzeichnerin nicht die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen haben wollte, hierdurch aber umgekehrt nicht belegt sei, dass die fremdverfasste Rechtsbeschwerdebegründung tatsächlich vor Unterzeichnung eigenverantwortlich überprüft, für richtig befunden und sich zu eigen gemacht wurde.
Rz. 85
Auch aus dem für das Gericht erkennbaren Ablauf des Verfahrens innerhalb der Kanzlei des Verteid...