Rz. 1

Der Nachlassverwalter ist nicht selbst befugt, die Aufhebung der Nachlassverwaltung zu beantragen.[1] Notwendig ist vielmehr, wie es sich aus der Gesetzesbegründung[2] ergibt, ein Antrag "des ursprünglichen Antragstellers".[3] Es handelt sich um eine Entscheidung nach § 48 Abs. 1 S. 1 FamFG, wonach das Gericht des ersten Rechtszugs eine rechtskräftige Endentscheidung mit Dauerwirkung aufheben oder ändern kann, wenn sich die zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat.

Eine derartige Änderung liegt in folgenden Situationen vor:

 

Rz. 2

1. Keine kostendeckende Masse

Nach § 1988 Abs. 2 BGB kann die Nachlassverwaltung vom Gericht aufgehoben werden, wenn sich ergibt, dass eine kostendeckende Masse nicht (mehr) vorhanden ist. Der Nachlassverwalter, zumindest der Erbe, kann dann die Dürftigkeitseinrede nach §§ 1990, 1991 BGB erheben, so dass die Haftungsbeschränkung auch nach Aufhebung faktisch fortbesteht.

 

Rz. 3

2. Vollständige Gläubigerbefriedigung

Hat der Nachlassverwalter sämtliche bekannten Nachlassverbindlichkeiten berichtigt, kann er den Nachlassrest (und das aus dessen Verwaltung Erlangte, z.B. Akten und Belege) an den Erben (mehreren Erben gemeinschaftlich) herausgeben ("ausantworten"), § 1986 Abs. 1 BGB und Schlussrechnung legen, § 1890 BGB. Dies kann noch vor der förmlichen Aufhebung der Nachlassverwaltung nach § 1919 BGB geschehen. Nach Aufhebung hat der Erbe einen Herausgabeanspruch, der Nachlassverwalter aber ein Zurückbehaltungsrecht für seine Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche.[4]

 

Rz. 4

Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zurzeit nicht ausführbar oder ist eine Nachlassverbindlichkeit streitig, so darf der Verwalter den Nachlass nur herausgeben, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet wird, § 1986 Abs. 2 S. 1 BGB,[5] oder wenn alle noch nicht befriedigten Nachlassgläubiger und der Erbe der Aufhebung zustimmen.[6]

 

Rz. 5

Eine Ausantwortung ist insbesondere auch bei aus einer Fortführung eines Nachlassunternehmens herrührenden, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten möglich, wenn dem Erben ein "gesundes" Unternehmen und die Erfüllung dieser Ansprüche in Zukunft gewährleistet ist.[7]

 

Rz. 6

Die Erbauseinandersetzung ist nicht Aufgabe des Nachlassverwalters.[8] Er kann sich aber hierzu gesondert beauftragen lassen.

Der Erbe haftet nach Aufhebung der Nachlassverwaltung und Ausantwortung wie folgt:[9]

nach §§ 1973, 1974 BGB gegenüber im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen oder diesem gleichstehenden Gläubiger;
bei unbeschränkbarer Haftung weiterhin unbeschränkbar mit seinem Eigenvermögen;
bei Dürftigkeit i.S.v. § 1990 BGB oder Überschuldung des Nachlasses nur aufgrund von Vermächtnissen und Auflagen i.S.v. § 1992 BGB, kann der Erbe die Haftung nach § 1991 BGB auf die restlichen Nachlassgegenstände beschränken;
reicht der Nachlassrest zur Deckung der Kosten einer erneuten Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens, kann der Erbe die Haftung trotz der Nichtdürftigkeit nach § 1991 BGB auf die restlichen Nachlassgegenstände beschränken; auch in diesem Falle ist er den Nachlassgläubigern nach §§ 1978–1980 verantwortlich.
 

Rz. 7

3. Teilweise Gläubigerbefriedigung

Wie bei der Nachlasspflegschaft (siehe § 9 Rdn 106) kann auch der Nachlassverwalter bei unzureichendem Nachlass mit allen Gläubigern einen insolvenzvermeidenden Gläubigervergleich nach Durchführung des Gläubigeraufgebotsverfahrens abschließen.

 

Rz. 8

4. Nachlassinsolvenzverfahren

Kommt ein angestrebter Gläubigervergleich bei Überschuldung/Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses nicht zustande oder sind anfechtungsrechtliche Ansprüche nach §§ 129 ff. InsO im Nachlass vorhanden, die nur ein Insolvenzverwalter geltend machen kann, hat der Nachlassverwalter wie der Nachlasspfleger in der vergleichbaren Situation die Eröffnung des Insolvenzverfahrens[10] zu beantragen.

 

Rz. 9

Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beendet die Nachlassverwaltung hier ipso iure, § 1988 Abs. 1 BGB. Das Amt des Nachlassverwalters endet dann. Eine Aufhebung durch das Nachlassgericht ist im Gegensatz zu den vorgenannten Beendigungssituationen nicht erforderlich. Erfolgt sie gleichwohl, hat sie lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Erben sind bekannt und können sich in diesem Verfahren selbst vertreten.

Der Nachlassverwalter gibt dann den Nachlass an den Insolvenzverwalter heraus, § 1890 BGB, ohne dass er ein Zurückbehaltungsrecht wegen seiner Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche hat, vgl. § 323 InsO.

 

Rz. 10

 

Praxistipp

Vor dem Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens sollte der Nachlassverwalter seine Vergütung festsetzen lassen und dem Nachlass entnehmen. Andernfalls läuft er Gefahr, auf die Zahlung der als Masseverbindlichkeiten anzumeldenden Ansprüche (§ 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO) lange zu warten oder ggf. sogar auszufallen.

 

Rz. 11

Nach Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens kann der Erbe gegenüber den Gläubigern einwenden, der Nachlass sei erschöpft, §§ 1989, 1973 BGB.

 

Rz. 12

5. Rechtsmittel gegen d...

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