1. Elterliche Sorge (Innenverhältnis)

 

Rz. 2

Die elterliche Sorge umfasst gemäß § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB die Sorge für die Person (Personensorge) und für deren Vermögen (Vermögenssorge). Die Vermögenssorge umfasst alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, das Kindesvermögen zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren.[1] Sie steht den Eltern gemeinsam zu, kann jedoch auf andere Personen ganz – etwa auf den Vormund nach § 1773 BGB – oder teilweise – auf den Pfleger nach § 1630 Abs. 1 BGB – übergehen. Haben nicht verheiratete Eltern keine Sorgeerklärung abgegeben, steht das Sorgerecht alleine der Mutter zu (§ 1626 Abs. 3 BGB). Bei gemeinsamer Sorge steht nach dem Tod eines Elternteils dem längerlebenden Elternteil alleine das Sorgerecht zu (§ 1680 Abs. 1 BGB). Stand bei nicht miteinander verheirateten Eltern einem Elternteil die elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 3 BGB oder bei zunächst miteinander verheirateten Eltern nach der Trennung bzw. Scheidung gemäß § 1671 BGB alleine zu und ist dieser gestorben, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem längerlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§ 1680 Abs. 2 BGB).

[1] OLG Brandenburg v. 15.3.2019 – 9 WF 265/18, BeckRS 2019, 4980 = FamRZ 2019, 1247.

2. Elterliche Vertretungsmacht (Außenverhältnis)

 

Rz. 3

Aus dem elterlichen Sorgerecht im Innenverhältnis folgt gemäß § 1629 Abs. 1 BGB ein Gesamtvertretungsrecht beider Eltern nach außen.[2] Übt ein Elternteil die elterliche Sorge etwa nach dem Tod des anderen Elternteils alleine aus, ist dieser der alleinige Vertreter (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB).

 

Rz. 4

Die elterliche Vertretungsmacht unterliegt Grenzen. So besteht ein Vertretungsverbot bei Geschäften mit möglicher Interessenkollision (§ 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1795 BGB bzw. § 1796 BGB), wobei bereits das Vertretungsverbot nur eines Elternteils zum vollständigen Ausschluss der elterlichen Vertretungsmacht, also auch des anderen Elternteils, führt.[3] Über die in § 1795 BGB und § 1796 BGB hinausgehenden Konstellationen kommt ein Ausschluss der Vertretungsmacht nicht in Betracht.[4]

Ein Verbot ergibt sich bei einem abstrakten Interessengegensatz in den Fällen des § 1795 Abs. 1 Nr. 1–3 BGB.[5] Es kommt nicht darauf an, ob bei § 1795 BGB die Interessen des Kindes tatsächlich gefährdet sind.[6] Auch nimmt das Gesetz ein Vertretungsverbot bei einem Insichgeschäft an (§§ 1795 Abs. 2, 181 BGB). Dabei ist zu bedenken, dass bei ausschließlicher Erfüllung einer Verbindlichkeit kein unzulässiges Insichgeschäft vorliegt (§ 181 Hs. 2 BGB).[7] Auch ist § 181 BGB bei einem Rechtsgeschäft, welches dem Minderjährigen lediglich rechtliche Vorteile bringt, nicht anwendbar.[8] Ebenfalls ist die Beantragung eines Erbscheins kein Rechtsgeschäft i.S.d. § 1795 BGB.[9]

 

Rz. 5

Ein Vertretungsverbot besteht auch bei einem "erheblichen" Interessenkonflikt nach § 1796 Abs. 1 BGB, mithin bei einem fraglichen konkreten Interessengegensatz ("in erheblichem Gegensatz steht"). Ein solcher ist stets für einzelne Angelegenheiten bzw. einen Aufgabenkreis zu prüfen. Voraussetzung ist, dass das Interesse des Kindes in erheblichem Gegensatz zum Interesse des Elternteils als gesetzlichem Vertreter steht.[10] Ein erheblicher Gegensatz ist gegeben, wenn das eine Interesse nur auf Kosten des anderen Interesses durchgesetzt werden kann und die Gefahr besteht, dass die sorgeberechtigten Eltern das Kindesinteresse nicht genügend berücksichtigen können.[11] Ein solcher konkreter Interessengegensatz kann sich in vielfältigen Situationen nach dem Erbfall ergeben, so bei einer Erbengemeinschaft, in der sich Eltern gemeinsam mit einem minderjährigen Kind befinden, bei Vermächtnissen und bei Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs.[12] Auch ist ein konkreter Interessengegensatz anzunehmen, wenn das minderjährige Enkelkind des Erblassers erbt und ein Elternteil, also ein Kind des Erblassers, seine Pflichtteilsansprüche durchsetzen möchte.[13]

 

Rz. 6

Zuletzt kann sich ein Ausschluss der Vertretungsmacht über § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB (Bestellung eines Ergänzungspflegers) auch aus § 1666 BGB (Entziehung der Vertretungsmacht durch das Familiengericht) bei einer Gefährdung des Kindesvermögens ergeben, wenn die gegenwärtige Gefahr besteht, dass sich das Vermögen des Kindes vermindert oder durch den Ausfall von Erträgen nicht vermehrt und dies nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung durch entsprechende Maßnahmen hätte verhindert werden können.

[2] Enzensberger/Maar, Testamente für Geschiedene und Patchworkehen, § 4 Rn 2.
[3] BGH NJW 1972, 1708; OLG Frankfurt ZErb 2018, 346 Rn 26; MüKo/Huber, § 1629 Rn 43.
[5] Horn, ZEV 2013, 297, 298.
[6] MüKo/Spickhoff, § 1795 Rn 1; OLG Brandenburg ErbR 2019, 448.
[7] MüKo/Spickhoff, § 1795 Rn 18.
[8] BGH NJW 1972, 2262; OLG Frankfurt FPR 2013, 397, 399; Palandt/Ellenberger, § 181 Rn 9; vgl. Lambertz, ZEV 2014, 187; vgl. Friedrich-Büttner/Wiese, ZEV 2014, 513; Überblick zur Frage "lediglich rechtlicher Vorteil": Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, Rn 3980 f.
[9]...

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