1. Grundlagen
Rz. 54
Bei letztwilligem Ausschluss der Vermögenssorge der Eltern (§§ 1638, 1909 Abs. 1 BGB), bei konkretem bzw. abstraktem Interessengegensatz (§§ 1629, Abs. 2, 1795, 1796 BGB) oder bei Gefährdung des Vermögens (§ 1666 BGB) übernimmt die gesetzliche Vertretung des minderjährigen Kindes ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB), jeweils für den betroffenen Teilbereich. Den Eltern oder dem Elternteil wird insoweit die elterliche Sorge entzogen. Die Eltern sind nach § 1909 Abs. 2 BGB dem Familiengericht anzeigepflichtig, wenn eine solche Pflegschaft erforderlich wird.
Rz. 55
Die Person des Pflegers kann gemäß § 1917 Abs. 1 BGB durch letztwillige Verfügung benannt werden; ansonsten wählt das Familiengericht die Person des Pflegers gemäß § 1779 Abs. 2 BGB aus. Dem längerlebenden Ehegatten steht kein Benennungsrecht zu. Eine Pflegerbenennung kann weder wechselbezüglich noch erbvertraglich, sondern lediglich einseitig angeordnet werden (§§ 2270 Abs. 3, 2278 Abs. 2, 2299 BGB).
Die zum Pfleger bestimmte Person kann das Amt des Pflegers nur unter den Voraussetzungen des § 1786 BGB ablehnen. Das Familiengericht muss zwar grundsätzlich den in der letztwilligen Verfügung zum Pfleger Berufenen bestellen. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der vorgeschlagene Pfleger wegen Alters, Krankheit oder beruflicher Überlastung gehindert ist (§ 1778 Abs. 1 Nr. 2 BGB), wenn seine Bestellung das Kindeswohl gefährden würde (etwa wegen Unfähigkeit gemäß § 1778 Abs. 1 Nr. 4 BGB) oder wenn das mindestens 14 Jahre alte Kind der Bestellung widerspricht (§ 1778 Abs. 1 Nr. 5 BGB). Ist das Familiengericht zur Übergehung der bestimmten Person berechtigt, darf und muss es eine andere geeignete Person bestellen.
Rz. 56
Gegen die Auswahl des Pflegers kann Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG eingelegt werden. Der Berufene ist Mussbeteiligter gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 FamFG und beschwerdebefugt. Gegen die Anordnung der Pflegschaft ist ein (längerlebender) Elternteil beschwerdebefugt, da durch die Pflegschaft in die elterliche Sorge eingegriffen wird.
Rz. 57
Muster 16.10: Benennung der Person des Pflegers
Muster 16.10: Benennung der Person des Pflegers
Zur Verwaltung des aus meinem Nachlass stammenden Vermächtnisgegenstandes soll _________________________ und ersatzweise _________________________ als Pfleger bestellt werden.
Rz. 58
Eine negative Bestimmung der Person des Pflegers in der Weise, dass eine bestimmte Person lediglich von der Übernahme des Amtes als Pfleger ausgeschlossen wird, soll nicht möglich sein. Dagegen muss es als zulässig angesehen werden, wenn angeordnet wird, aus welchem Personenkreis das Familiengericht einen Pfleger zu benennen hat, wie etwa aus dem Kreis der Tanten und Onkel des betreffenden Kindes.
2. Tätigkeit des Pflegers
Rz. 59
Der Pfleger hat zunächst ein Vermögensverzeichnis über das Vermögen des Kindes zu erstellen und beim Familiengericht einzureichen (§§ 1915, 1802 BGB). Verschiedene Rechtsgeschäfte bedürfen der familiengerichtlichen Genehmigung (§§ 1811, 1812, 1813, 1821 und 1822 BGB). Der Pfleger ist verpflichtet, Geld verzinslich (§ 1806 BGB) und mündelsicher anzulegen (§ 1807 BGB). Teilweise ist ein Sperrvermerk gemäß § 1809 BGB einzutragen. Aus § 1804 BGB ergibt sich das Verbot von Schenkungen. Das Familiengericht beaufsichtigt den Pfleger (§ 1837 Abs. 2 BGB). Neben der Pflicht zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aus § 1802 BGB ist der Pfleger zur jährlichen Rechnungslegung verpflichtet; das Familiengericht hat die Rechnungslegung zu prüfen (§§ 1840, 1843 BGB). Er ist dem Familiengericht auch auskunftspflichtig (§ 1839 BGB). Die Vermögenserträge hat der Pfleger dem Kind (also dem gesetzlichen Vertreter) zu Unterhaltszwecken zur Verfügung zu stellen (§§ 1649, 1602 Abs. 2 BGB). Er darf auch nicht das eigene Vermögen mit dem Vermögen des Pfleglings vermengen (§ 1805 BGB). Der Pfleger verwaltet auch die Surrogate (§ 1638 Abs. 2 BGB), etwa nicht nur den eigentlichen Pflichtteilsanspruch, sondern auch die daraus resultierende Geldzahlung.
3. Befreite Pflegschaft
Rz. 60
Gemäß § 1917 Abs. 2 BGB kann der Erblasser den Pfleger von den Verpflichtungen aus den §§ 1852–1854 BGB (teilweise) befreien. Die Anordnungen zur Befreiung können jedoch vom Familiengericht außer Kraft gesetzt werden, we...