Rz. 24
Neben den soeben dargestellten Sonderproblematiken präsentieren sich Franchise-Verträge jedoch auch als Teil des allgemeinen Zivilrechts.
Rz. 25
Entsprechend der im Franchise-Vertrag enthaltenen Vertragstypen kommen im Falle von Leistungsstörungen im Einzelnen folgende Gewährleistungskonstellationen in Betracht:
a) Dienst- und geschäftsbesorgungsrechtliche Elemente
Rz. 26
Die von dem Franchisenehmer mit dem Eintritt in das Vertriebssystem übernommenen Absatzförderungspflichten, verbunden mit Berichts- und Informationspflichten, stellen zunächst eine dienstvertragliche Besorgung eines fremden Geschäfts in fremdem Interesse gegen Entgelt i.S.d. §§ 675, 611 BGB dar. Demgegenüber erbringt der Franchisegeber durch seine Verpflichtung zur Eingliederung des Franchisenehmers in das Absatzsystem und zur Förderung des Franchisenehmers durch Beratung, Betreuung, Schulung und Know-how-Vermittlung ebenfalls Dienste i.S.d. § 611 Abs. 1 und 2 BGB. Es wird daher vereinzelt erwogen, dass dem Vertragspartner sowohl im Falle der Nichterfüllung als auch im Falle der Schlechterfüllung dieser Leistungspflichten ein Minderungsrecht zustehe, welches sich aus §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Hs. 2, 441 Abs. 3 BGB ergebe. Ansatzpunkt dieser Sichtweise ist das Argument, dass die Voraussetzung der Unmöglichkeit der Leistungserbringung gegeben sei, da den vorgenannten Pflichten überwiegend der Charakter eines absoluten Fixgeschäfts zukomme; mangels Nachholbarkeit der nicht erbrachten oder verzögerten Leistung handele es sich um einen Fall der sog. Unmöglichkeit der Zeit nach.
Rz. 27
Diese Auffassung vermochte jedoch bereits in der Vergangenheit nie vollends zu überzeugen. So ist eine Minderung der geschuldeten Vergütung im Dienstvertragsrecht nicht vorgesehen. Eine Minderung mangelhafter Dienstleistungen könnte daher allenfalls unter dem Gesichtspunkt anzuerkennen sein, dass ein typengemischter Vertrag wie der Franchise-Vertrag mehr als die Summe seiner Teile und in diesem Sinne "sui generis" ist und damit die Möglichkeit einer Abweichung von den für die einzelnen Vertragsbestandteile geltenden Gewährleistungsvorschriften eröffnet. Es erscheint jedoch mehr als bedenklich, auch die Schlechterfüllung als Fall der sog. qualitativen Teilunmöglichkeit einzuordnen, da im Falle der Schlechtleistung der Vertragspartner zwar eine ihrer Art und Weise nach nicht korrekte Erfüllung der vertraglichen Pflichten, aber doch jedenfalls eine Leistung erbracht hat. In diesen Konstellationen liegt vielmehr ein Fall der positiven Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) vor.
b) Lizenz- und Know-how-vertragliche Elemente
Rz. 28
Auf die Vertragspflichten, die in engem Zusammenhang mit den lizenzvertraglichen und Know-how-vertraglichen Elementen des Franchise-Vertrages stehen, findet nach herrschender Auffassung Pachtrecht Anwendung. Die Rechtsfolgen im Falle von Leistungsstörungen beurteilen sich daher nach den Gewährleistungsvorschriften der §§ 536 ff., 581 Abs. 2 BGB. Daneben hat der Franchisegeber hinsichtlich der Lizenz an eingetragenen Schutzrechten für Rechtsmängel nach den §§ 453, 441 BGB einzustehen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Pflege und Aufrechterhaltung der vielfach systemprägenden Marke. Die in diesem Zusammenhang auszufüllenden Pflichten sollten aus Gründen der Vertragsklarheit und zur Vermeidung von rechtlichen Unsicherheiten unmissverständlich im Vertrag niedergelegt werden (vgl. Rdn 62).
c) Kaufrechtliche Elemente
Rz. 29
Neben den (oft vordergründigen) dienstvertragsrechtlichen Komponenten dominieren in Franchise-Verträgen weiterhin kaufrechtliche Elemente. Dies in zweierlei Hinsicht: Am Anfang der Zusammenarbeit zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer steht zunächst typischerweise der Kauf der Geschäftsausstattung, zu der sich im weiteren Verlauf der Kooperation Kaufverträge der Systemware hinzugesellen.
Rz. 30
Haben die Franchisepartner im Rahmen des Franchise-Vertrages den Erwerb der Geschäfts- und Warenerstausstattung durch den Franchisenehmer vereinbart, so stehen dem Franchisenehmer als Käufer im Falle der Mangelhaftigkeit der Kaufsache die Gewährleistungsrechte der §§ 434, 437 ff. BGB zu. Der Franchisenehmer ist berechtigt, Nacherfüllung zu verlangen und ggf. den in der Regel gesondert ausgewiesenen Kaufpreis zu mindern, Schadensersatz zu verlangen oder von dem kaufvertragsrechtlichen Teil zurückzutreten. Ob dem Franchisenehmer darüber hinaus ...