Rz. 8
Immer wieder taucht in Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Franchise-Verträgen die Frage auf, ob der Franchisenehmer in Anbetracht seiner mitunter starken Einbindung in die Systemvorgaben des Franchisegebers tatsächlich als Selbstständiger anzusehen ist oder nicht doch einem klassischen Arbeitnehmerbild zumindest angenähert ist mit der Folge des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses. In diesem Zusammenhang sind essentiellen Fragen des Kündigungsschutzes und der Sozialversicherungspflicht betroffen.
Rz. 9
Stets angeführt wird dabei eine Entscheidung des LAG Düsseldorf aus dem Jahre 1987, in welcher der erkennende Senat erstmals die Feststellung getroffen hatte, dass Franchisesysteme mitunter Bindungen enthalten können, die den Franchisenehmer derart abhängig vom Franchisegeber machen, dass Ersterer nicht länger als Selbstständiger, sondern vielmehr als Arbeitnehmer anzusehen sei. Diese Rechtsprechung fand ihre Fortsetzung in den "Eismann-Entscheidungen" des BAG und des BGH. Auch danach beschäftigte die arbeitsrechtliche Einordnung von Franchisesystemen noch die höchstrichterliche Rechtsprechung. Mit Blick auf ein bestehendes Weisungssystem entschied der BGH dabei jedoch, dass im konkreten Fall der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet war und sprach sich somit inzident gegen eine Qualifikation des fraglichen Franchisenehmers als Arbeitnehmer aus. Bestätigt wurde diese Auffassung auch durch den "Vom Fass"-Beschluss vom 16.10.2002, in dem sich der BGH mit der Frage befasste, wann bei einem Franchisenehmer ein Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person gem. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG vorliege. Die Verpflichtung des Franchisenehmers, ein bestimmtes Warensortiment zu beziehen, begründe keine Abhängigkeit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses. Zudem sei der Franchisenehmer berechtigt, auch anderweitig Produkte zu beziehen; dass dies von einer Zustimmung des Franchisegebers abhängig gemacht werde, rechtfertige sich aus dem Konzept des Franchising. Entsprechendes gelte für die Verpflichtung, Werbematerial des Franchisegebers einzusetzen. Da der Franchisenehmer auch hinsichtlich Art und Umfang der Tätigkeit nicht vertraglich gebunden war, wurde die Arbeitnehmereigenschaft im Ergebnis mangels sozialer Schutzbedürftigkeit verneint. Die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit als arbeitnehmerähnlicher Person konnte vor diesem Hintergrund offen bleiben.
Rz. 10
Mit Blick auf die arbeits-/zivilrechtlichen Entscheidungen der Gerichte aller Instanzen zur Selbstständigkeit des Franchisenehmers lässt sich leider nur konstatieren, dass es eine einheitliche Linie nicht gibt. Zwar hat die Rechtsprechung stets betont, dass wegen des Wesens des Franchise-Vertrages jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen sei, den Franchisenehmer als Arbeitnehmer bzw. arbeitnehmerähnliche Person anzusehen; andererseits könne das Arbeitsrecht nicht per se einen Anwendungsvorrang vor anderen Vertragskonstruktionen des Privatrechts für sich in Anspruch nehmen. Die Rechtsprechung wendet die Grundsätze des BAG zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von anderen Rechtsverhältnissen an, wobei insbesondere die Kriterien, die für die Selbstständigkeit eines Handelsvertreters (§ 84 Abs. 1 HGB) entwickelt worden sind, herangezogen werden. Die Frage der arbeitsrechtlichen Prägung ist dabei – unabhängig von der Wortwahl der Parteien – stets einzelfallbezogen unter Würdigung aller Umstände wie insbesondere die ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und die praktische Durchführung des Vertrages zu entscheiden, wobei letztere im Zweifelsfall maßgeblich ist. So hat das LAG Düsseldorf für eine "klassische, straffe Franchisekonstellation" geurteilt, dass für die Selbstständigkeit des Franchisenehmers entscheidend sein kann, dass er nach den tatsächlichen Umständen nicht in der Lage ist, seine vertraglichen Leistungspflichten alleine zu erfüllen, sondern auf Hilfskräfte angewiesen, und zugleich vertraglich berechtigt ist, seine Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen. Das LSG Berlin-Brandenburg hatte dabei zuletzt schwerpunktmäßig darauf abgestellt, ob der Franchisenehmer ganz überwiegend auf eigene Rechnung tätig wird oder – wegen der im konkreten Sachverhalt bestehenden Allokation des unternehmerischen Risikos hauptsächlich beim Franchisegeber – nicht nur im Auftrag des Franchisegebers handelt und daher als Arbeitnehmer anzusehen sei.
Rz. 11
Als Leitfaden für die Vertragsgestaltung lässt sich dabei festhalten, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht folgende "Maßregelungen" der Franchisenehmer in jedem Fall vermieden werden sollten: