Rz. 27

Die qualifizierte Nachfolgeklausel unterscheidet sich von der einfachen dadurch, dass nicht allen Erben, sondern nur bestimmten Personen, z.B. solchen, die in einem bestimmten Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser stehen oder die eine bestimmte fachliche Eignung nachgewiesen haben, das Nachrücken in die Gesellschafterstellung ermöglicht wird.

 

Rz. 28

Unter der Voraussetzung, dass der (gesellschaftsvertraglich qualifizierte) Nachfolger erbrechtlich legitimiert (also Erbe) ist, rückt auch er unmittelbar in die Position des verstorbenen Gesellschafters nach.[66] Auf die ihm hinterlassene Erbquote kommt es nicht an.[67] Daher wird der qualifizierte Nachfolger auch dann vollumfänglich Personengesellschafter, wenn er nur eine geringere Erbquote (als sie dem Wert des Gesellschaftsanteils entspricht) erhält.[68] Die nicht qualifizierten weiteren Miterben bleiben hingegen (ebenfalls unabhängig von ihren Erbquoten) von der Nachfolge in die Gesellschafterstellung ausgeschlossen.[69]

 

Rz. 29

Wertunterschiede zwischen Erbquote und auf den qualifizierten Nachfolger übergehender Beteiligung führen in der Regel dazu, dass der qualifizierte Gesellschaftsnachfolger gegenüber den weichenden Miterben zu einem erbrechtlichen Wertausgleich verpflichtet ist.[70] Dabei ist grundsätzlich auf den Verkehrwert der Beteiligung abzustellen. Im Grunde handelt es sich um einen Vorgang im Rahmen der Erbauseinandersetzung,[71] für den eine sich aus gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ergebende Abfindungsbeschränkung keine Rolle spielt. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ihm hinsichtlich des Anteils ein (Voraus-)Vermächtnis (§ 2150 BGB) hinterlassen ist.[72]

 

Rz. 30

 

Praxishinweis

Da erbrechtliche Ausgleichsverpflichtungen mitunter zu extremen Liquiditätsbelastungen des Nachfolgers bzw. (mittelbar) der Gesellschaft führen können, ist eine (testamentarische) Klarstellung, dass bzw. in welchem Umfang dem Nachfolger der Anteil frei von irgendwelchen Ausgleichsverpflichtungen (z.B. als Vorausvermächtnis[73]) zukommen soll,[74] dringend zu empfehlen. Hierzu bedarf es einer entsprechenden ausdrücklichen letztwilligen Anordnung. Allein gesellschaftsvertragliche Regelungen sind nicht ausreichend.[75]

 

Rz. 31

Für das Nachrücken von Vermächtnisnehmern gelten weitere Besonderheiten, da sich ihr Anteilserwerb nicht von selbst vollziehen kann, sondern der Erfüllung durch den oder die Erben bedarf.[76] In pflichtteilsrechtlicher Hinsicht spielt dies aber – soweit die beabsichtigte Nachfolge von Vermächtnisnehmern tatsächlich funktioniert – keine entscheidende Rolle.

 

Rz. 32

Soweit der gesellschaftsvertraglich qualifizierte Nachfolger weder als Erbe noch als Vermächtnisnehmer berufen ist, geht die Nachfolgeklausel ins Leere[77] mit der Folge, dass der Anteil nicht – wie gesellschaftsvertraglich vorgesehen – weitergegeben (also vererbt) wird.[78] Die Gesellschaft wird dann unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt.[79] Der Gesellschaftsanteil fällt also nicht in den Nachlass. Abfindungsansprüche der Erben bestehen nur, soweit sie nicht vertraglich ausgeschlossen sind.

[66] BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225; Lange, ZErb 2014, 97, 98.
[67] BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 236; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 139 Rn 17; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn 19; Weipert, ZEV 2002, 300, 303.
[68] Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 6 Rn 260; MünchHdB GesR I/Klein/Lindemeier, § 79 Rn 45 m.w.N.
[69] BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 236 = NJW 1977, 1339; BGH v. 4.5.1983 – IVa ZR 229/81, NJW 1983, 2376, 2377; OLG Dresden v. 25.3.1999 – 7 U 256/99, ZEV 1999, 274; Staub/Schäfer, HGB, § 139 Rn 11, 47; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 18; MüKo-BGB/Schäfer, § 727 Rn 44; MünchHdB GesR I/Klein/Lindemeier, § 79 Rn 35 m.w.N.
[70] BGH v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 238 = NJW 1977, 1339; MünchHdB GesR I/Klein/Lindemeier, § 79 Rn 35 und § 41 Rn 35; Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 6 Rn 261; Johannsen, FamRZ 1980, 1074, 1081 f.
[71] Tiedau, NJW 1980, 2446.
[72] Ebenroth, Erbrecht, Rn 870 m.w.N.; Riedel, in: Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, § 4 Rn 329.
[73] MüKo-BGB/Schäfer, § 727 Rn 45; Ulmer, ZGR 1972, 324, 327; ders., BB 1977, 805, 807; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 V 4 c.
[74] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 20; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 V 4 c m.w.N.
[75] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 20 unter Hinweis auf BGH v. 16.11.1956 – I ZR 150/54, BGHZ 22, 186, 197 = NJW 1957, 180, 181; Riedel, in: Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, § 4 Rn 325.
[76] Vgl. hierzu BeckOGK/Riedel, § 1922 Rn 156 ff. m.w.N.
[77] MünchHdB GesR I/Klein/Lindemeier, § 79 Rn 23.
[78] Ggf. kommt aber eine Umdeutung der qualifizierten Nachfolgeklausel in eine sog. Eintrittsklausel in Betracht, vgl. BGH v. 29.9.1977 – II ZR 214/75, NJW 1978, 264; BGH v. 25.5.1987 – II ZR 195/86, WM 1987, 981; Staub/Schäfer, HGB, § 139 Rn 36; MüKo-BGB/Leipold, § 1922 Rn 93.
[79] Es sei denn, die gescheiterte Nachfolgeklausel könnt...

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