Rz. 25
Ersatzfähig sind z.B. die laufenden Aufwendungen oder Mehrausgaben für solche medizinische Behandlungen, die nicht der Heilung, sondern der langfristigen Linderung der Leiden des Geschädigten dienen und die der Geschädigte zur Besserung oder Linderung seiner aufgrund der erlittenen Verletzungen auf Dauer verbliebenen Beschwerden aufwenden muss, wie z.B. die Kosten von Medikamenten und Stärkungsmitteln, Kuren zur Linderung des Leidens, die Kosten von Krankengymnastik und anderen Therapien, Massagen, ferner z.B. die Kosten orthopädischer Hilfsmittel, einer Pflegekraft oder einer Haushaltshilfe, die Anschaffung eines Rollstuhls für einen Gehunfähigen oder einer elektronischen Schreibhilfe für einen Querschnittsgelähmten. Ob bei einem schwer geschädigten Kind die Kosten einer Delfin-Therapie (als Heilungskosten oder unter dem Gesichtspunkt vermehrter Bedürfnisse) zu erstatten sind, ist umstritten; eine medizinisch nachweisbare Wirksamkeit von Delfintherapien wird überwiegend verneint, weshalb die Berücksichtigung solcher Therapien im Steuerrecht, Sozialrecht und Zivilrecht abgelehnt wird. Richtig ist, die Ersatzfähigkeit zu bejahen, wenn bei objektiver Betrachtung eine realistische Chance besteht, dass durch die Therapie ein Behandlungserfolg in Form einer Heilung oder Linderung eintritt.
Rz. 26
Zu erstatten sind auch unfallbedingt höhere Kosten einer privaten Krankenversicherung oder unfallbedingte Risikozuschläge für eine Lebensversicherung.
Rz. 27
Auch Besuchskosten können als vermehrte Bedürfnisse ersatzpflichtig sein, z.B. Besuche der Eltern zur Betreuung und Versorgung eines Kindes in einem Pflegeheim.
Rz. 28
In diese Schadensgruppe gehören auch Mehraufwendungen für den behindertengerechten Aus- und Umbau von Wohnraum, unter Umständen sogar für den Neubau eines behindertengerechten Hauses und für den Umzug dorthin. Maßstab ist die Disposition, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage für ein behindertengerechtes Wohnen getroffen hätte. Bestehen kostenmäßig unterschiedliche Möglichkeiten zur Befriedigung des vermehrten Wohnbedarfs, bestimmt sich der Anspruch danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt. Bei einem An- oder Neubau sind die Baukosten um den Vermögenszuwachs zu bereinigen. Entsprechendes gilt für den behindertengerechten Umbau des Arbeitsplatzes.
Rz. 29
Ersatzfähig können auch sein die Kosten für die behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeugs nebst Kosten für die Fahrschule und einen neuen Führerschein, für den Ausfall bei Reparatur- und Pflegearbeiten sowie für erhöhte Benzinkosten und generell die Mehrkosten (abzüglich Vorteilsausgleich), die sich für ein wegen der unfallbedingten Behinderung des Geschädigten angeschafftes Kraftfahrzeug ergeben. Die Ersatzfähigkeit der Umrüstung soll sich auf ein Fahrzeug beschränken, wenn dadurch das Mobilitätsbedürfnis des Verletzten befriedigt ist. Dies erscheint nicht zweifelfrei. Im Einzelfall können auch die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs ersatzpflichtig sein, da die Kosten im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Umbau eines geeigneten behindertengerechten Fahrzeugs auf dem Mobilitätsbedürfnis des Geschädigten beruhen.
Rz. 30
Auch Kosten für den Ausfall von Eigenleistungen beim Hausbau, selbst wenn das Bauvorhaben verletzungsbedingt nicht verwirklicht wird sowie für den verletzungsbedingten Verlust der Fähigkeit, Reparaturarbeiten selbst vorzunehmen, können als Mehraufwendungen anzusehen sein.
Rz. 31
Ferner gehören dazu die Kosten für die notwendige Unterbringung eines schwerstbehinderten Kindes in einem Wohnheim. Ein Schwerstgeschädigter kann die Kosten einer angemessenen häuslichen Pflege verlangen und muss sich nicht auf die Möglichkeit der Pflege in einer stationären Einrichtung verweisen lassen, selbst wenn dies kostengünstiger wäre; nicht zu ersetzen sind aber Kosten, die in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zur Qualität der Versorgung des Geschädigten stehen.
Rz. 32
Nicht zu den ersatzfähigen vermehrten Bedürfnissen sollen die Kosten für die wöchentliche Inanspruchnahme von Prostituierten gehören, wenn der Geschädigte aufgrund des Schadensereignisses auf den Rollstuhl angewiesen ist und behauptet, unfallbedingt keine normale Lebens- und Sexualpartnerin mehr finden zu können; insoweit soll es sich um eine Beeinträchtigung handeln, die im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung zu berücksichtigen sei. Diese Auffassung kann man durchaus in Zweifel ziehen.