Rz. 6
Der Geschädigte kann den zur Wiederherstellung seiner Gesundheit erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Schädiger hat alle Aufwendungen zu ersetzen hat, die vom Standpunkt eines verständigen Menschen aus bei der gegebenen Sachlage zweckmäßig und angemessen erscheinen, wobei neben der Art der Verletzung auch die gesamten sonstigen Umstände des Falls zu berücksichtigen sind. Zu ersetzen sind also nur die für die Heilung erforderlichen Kosten. Die Erforderlichkeit ist im Einzelnen substantiiert darzulegen, insbesondere wenn sie nicht auf der Hand liegt, etwa bei der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio. Von entscheidender Bedeutung ist vielfach, ob der Verletzte die Kosten auch dann auf sich genommen hätte, wenn kein Ersatzpflichtiger vorhanden wäre. Es ist keinem Verletzten zuzumuten, sich zur Entlastung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers anders behandeln zu lassen, als er dies normalerweise getan hätte.
Rz. 7
Das Maß des vom Schädiger zu ersetzenden Heilungsaufwandes bestimmt sich nach dem medizinisch Gebotenen. Im Rechtsstreit wird dies nur durch einen Sachverständigen zu klären sein, da das Gericht kaum je eigene Sachkunde wird darlegen können. Erforderlich können im Einzelfall auch auf Heilung oder Linderung abzielende Mittel sein, deren generelle Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, die jedoch mangels wirksamer Behandlungsmöglichkeiten nach medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ohne jede Erfolgsaussicht sind. Nicht notwendig ist, dass sie nach Auffassung der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein als erfolgversprechend anerkannt sind. Erstattungsfähig sind Heilbehandlungskosten auch dann, wenn bei objektiver Betrachtung eine realistische Chance besteht, dass ein Behandlungserfolg (Heilung oder Linderung) eintritt.
Rz. 8
Dem Verletzten sind jedoch besonders teure Heilmittel für Außenseitermethoden oder Ähnliches nicht zu ersetzen, wenn – wissenschaftlich betrachtet – keine realistische Chance eines Heilungserfolges, einer Linderung oder auch nur einer Verhinderung weiterer Verschlechterung besteht bzw. wenn sie gegenüber bestehenden ersatzfähigen Behandlungsmöglichkeiten keinen höheren medizinischen Nutzeffekt bieten. Wird eine im Ausland durchgeführte Therapie, die für die Heilung erforderlich erscheint, von Behandlungszentren in Deutschland nicht angeboten, können die Kosten der Behandlung im Ausland einschließlich der Fahrtkosten erstattungsfähig sein. Ebenso kann die Konsultierung einer ärztlichen Kapazität im Ausland ersatzfähig sein.
Rz. 9
Zu den grundsätzlich zu erstattenden Heilungskosten gehören auch die Fahrtkosten für notwendige Fahrten zum Arzt, zur Apotheke und zur Arbeitsstelle. Es muss nicht die zum Wohnsitz des Klägers nächstgelegene Praxis aufgesucht werden. Dem Geschädigten ist das Recht auf freie Arztwahl zuzubilligen, soweit sich dies in einem vernünftigen Rahmen bewegt und der Geschädigte die Aufwendungen auch ohne eine Regressmöglichkeit getätigt hätte. Unter diesen Voraussetzungen kann im Einzelfall auch eine für Arztbesuche insgesamt zurückgelegte Fahrtstrecke von insgesamt 250 km noch angemessen sein. Unter Umständen kann der Patient aber verpflichtet sein, sich über nahe gelegene Behandlungsmöglichkeiten zu informieren, bevor er zu weiter entfernt gelegenen Behandlungsorten reist, ohne dass sich dort erkennbare Vorteile ergeben.