Rz. 158
In den Fällen der ordnungsmäßigen Verwaltung genügt ein Mehrheitsbeschluss der Miterben. Für den Mehrheitsbeschluss genügt die einfache Stimmenmehrheit. Maßgeblich für das Stimmrecht der Miterben ist die jeweilige Erbquote. Stimmberechtigt sind neben den Erben auch der Erwerber eines Erbteils und der Pfandgläubiger eines gepfändeten Erbteils.
Rz. 159
In bestimmten Fällen können Miterben wegen widerstreitender Interessen von der Beschlussfassung ausgeschlossen sein. Der Begriff des Interessenwiderstreits ist eng zu verstehen und erfasst allein einen Widerstreit von Interessen und Pflichten in der Person des Miterben selbst und keine Streitigkeiten zwischen Miterben oder Miterben und Dritten.
Beispiele:
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Ausschluss eines Miterben von der Beschlussfassung, wenn es um die Geltendmachung einer Nachlassforderung gegen diesen Erben geht |
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Entscheidung über die Entnahme von Nachlassgegenständen zur Begleichung einer Forderung des Miterben |
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Kündigung einer Forderung, deren Schuldner der Miterbe ist |
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Kündigung eines Verwaltungsvertrages mit dem Miterben aus wichtigem Grund |
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Rücktritt von einem Vertrag, deren Vertragspartner der Miterbe ist. |
Rz. 160
Kein für die Abstimmung relevanter Interessenwiderstreit liegt vor bei:
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Rechtsgeschäften zwischen Erbengemeinschaft und einer GmbH, deren Gesellschafter unter anderem Miterben sind |
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Widerspruch zur Verlängerung des Mietvertrages mit einer KG, wenn deren Kommanditist auch Mitglied der Gemeinschaft ist. |
Rz. 161
Wird ein Miterbe bei der Beschlussfassung der Erbengemeinschaft übergangen, bleibt der Beschluss gültig, dem übergangenen Miterben stehen ggf. Schadensersatzansprüche zu.
Die Beschlussfassung ist an keine Formvorschriften gebunden und daher auch mündlich am Telefon möglich.
Rz. 162
Der Mehrheitsbeschluss wirkt nicht lediglich im Innenverhältnis der Erbengemeinschaft, sondern ermächtigt den handelnden Erben, die Erbengemeinschaft im Außenverhältnis zu vertreten und zu verpflichten. Besteht eine Erbengemeinschaft aus zwei Miterben mit jeweils hälftiger Beteiligung am Nachlass, ist somit stets einvernehmliches Handeln der beiden Miterben notwendig.
Rz. 163
Ist ein Erbe zu mehr als 50 % am Nachlass beteiligt, so beherrscht er die Erbengemeinschaft in Bezug auf ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahmen. Soweit die mit einer solchen Stimmenmehrheit gefassten Beschlüsse nicht willkürlich oder rechtsmissbräuchlich sind, haben die anderen Miterben die Entscheidung hinzunehmen. Die Wirksamkeit des Beschlusses des Mehrheitserben hängt nicht davon ab, ob der Minderheit ausreichende Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben worden ist. Der Mehrheitserbe kann somit im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung ohne besondere Förmlichkeiten einen Mehrheitsbeschluss fassen und die anderen Miterben bei Verpflichtungsgeschäften auch im Außenverhältnis wirksam vertreten.
Rz. 164
Die Miterben, die sich in der Stimmenminderheit befinden, können eine als inakzeptabel empfundene Nachlassverwaltung grundsätzlich jederzeit dadurch beenden, indem sie die Auseinandersetzung des Nachlasses nach § 2042 BGB verlangen.