Rz. 128
Vor einer Verteilung aller Nachlassgegenstände ist das Ausscheiden einzelner Miterben aus der Erbengemeinschaft durch einfache Erklärung gegenüber der Erbengemeinschaft bzw. durch Vereinbarung möglich. Die sogenannte Abschichtung ist nicht explizit gesetzlich geregelt, aber vom BGH trotz kritischer Stimmen anerkannt.
1. Umfang
Rz. 129
Es entspricht der herrschenden Meinung, dass eine Abschichtung nur in Bezug auf den gesamten Nachlass erfolgen kann. Eine Abschichtung in Bezug auf Einzelgegenstände ist konstruktiv nicht möglich. Damit scheidet eine Abschichtung eines Miterben lediglich hinsichtlich einer zum Nachlass gehörenden Immobilie aus.
2. Form
Rz. 130
Nach bestrittener, aber überzeugender Auffassung des BGH ist die Abschichtung selbst dann formfrei möglich, wenn Grundstücke zum Nachlass gehören. Ein Beurkundungserfordernis kann sich jedoch aus der Vereinbarung bestimmter Gegenleistungen ergeben, etwa wenn der ausscheidende Miterbe für sein Ausscheiden ein Grundstück erhält, vgl. § 311b Abs. 1 BGB.
Rz. 131
Auch wenn Abschichtungsvereinbarungen materiellrechtlich nicht formbedürftig sind, entbindet dies nach der Rechtsprechung nicht von den grundbuchverfahrensrechtlichen Nachweiserfordernissen. Für eine Grundbuchberichtigung bedarf es somit nach § 29 GBO einer zumindest notariell beglaubigten Abschichtungsvereinbarung (siehe Rdn 138).
3. Wirkung
a) Anwachsung des Erbteils des ausscheidenden Miterben
Rz. 132
Mit dem Ausscheiden eines Miterben wächst dessen Anteil am Nachlass ähnlich den §§ 738 ff. BGB den verbliebenen Miterben der Erbengemeinschaft entsprechend deren Erbquoten an. Die Auseinandersetzung wird auf den ausscheidenden Miterben beschränkt, wohingegen die Erbengemeinschaft unter den verbliebenen Miterben fortgesetzt wird. Die Abschichtung führt damit zu einer beschränkt persönlichen Teilerbauseinandersetzung. Hierbei müssen stets alle Miterben beteiligt werden.
b) Rechtsstellung des ausscheidenden Miterben
Rz. 133
Die formale Erbenstellung des Ausscheidenden bleibt auch nach dem Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft im Übrigen unberührt. Dem Miterben steht mit der Abschichtung jedoch kein Vorkaufsrecht nach § 2034 BGB und kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht i.S.d §§ 2038 ff. BGB zu. Der Ausgeschiedene haftet unbeschränkt gem. § 2058 BGB. Der ausgeschiedene Miterbe bleibt auch Schuldner der Erbschaftsteuer, da der steuerbare Erwerb von Todes wegen § 3 ErbStG einmal stattgefunden hat.
Hinweis
Schon aus Klarstellungsgründen ist der durch Abschichtung ausscheidende Miterbe weiterhin im Erbschein aufzuführen.
c) Übergang von Mietverträgen gem. § 566 BGB auf den allein verbleibenden Miterben?
Rz. 134
Verbleibt nach der Abschichtung nur ein Erbe, wachsen diesem die Erbteile der anderen Miterben zur alleinigen Berechtigung an. Gehört zum Nachlass eine vermietete Immobilie, ist fraglich, ob auch das bestehende Mietverhältnis auf den verbleibenden Alleinerben als Alleinberechtigten übergeht.
Rz. 135
Eine direkte Anwendung des § 566 BGB scheidet bereits mangels dinglicher Rechtsübertragung aus. Aber auch für eine analoge Anwendung besteht kein Bedürfnis. Zwar verlieren die mit der Abschichtung ausscheidenden Erben Ihre Berechtigung am Gesamthandsvermögen. Im Außenverhältnis haften die ausgeschiedenen Miterben den Nachlassgläubigern. Auch mit Blick auf den Schutz des Mieters bedarf es keiner Anwendung, da die nach der Abschichtung verbleibenden Miterben bereits Vermieter waren und gegenüber dem Mieter auch bleiben.
Rz. 136
Folglich wäre auch hier eine Regelung mit dem Mieter zur Übernahme des Mietvertrags durch den verbleibenden Mieterben zu t...